Kapitel 6: nie wieder offline

Nachdem wir im ersten Teil gesehen haben, wie digitale Geräte immer kleiner und handlicher werden, wollen wir nun im zweiten Teil dieses Blogs darauf schauen, wie sich die Menschen – und die Geräte immer mehr und immer enger miteinander vernetzen.

Deutschland ist online. Alle großen Mobilfunkanbieter bieten Deutschlandkarten an, auf denen sich die Netzabdeckung für Telefonie und mobile Datenübertragungen ablesen lassen, wie beispielweise unter diesem Link bei der Telekom. Man sieht daran, dass es kaum noch weiße Flecken auf der Landkarte gibt – theoretisch also könnten wir permanent online sein und somit zum Beispiel geortet werden oder Daten generieren und irgendwo im Internet speichern. Dass diese Möglichkeit (noch) nur in der Theorie besteht, weiß jeder, der einmal versucht hat, mit dem WLAN in einem ICE effektiv online zu gehen. Aber wie langweilig wäre die Praxis, wenn die Theorie immer schon alles vorwegnehmen würde …

Dennoch schreitet die Vernetzung der Welt unaufhaltsam voran. In den meisten Ländern der Welt gibt es inzwischen 4G-Netze, die ein schnelles mobiles Datennetz zur Verfügung stellen. Mobile Computer wie Smartphones oder Wearables bieten genau hierfür tolle Anwendungen an. Das einfachste Beispiel sind Restaurant- oder Hotel-Apps, die auf die Geodaten des Verwenders zugreifen, um ihm dann Restaurants oder Hotels in seiner Umgebung zu empfehlen. Mit bestimmten Filtern („vegan“; „Nichtraucherzimmer“, usw.) kann der Anwender dann sogar noch ganz detailliert einstellen, was seine Vorlieben sind und nach seinem Restaurantbesuch bzw. Hotelaufenthalt auch noch eine Bewertung hinterlassen. Und durch genau dieses Bewertungssystem entsteht – natürlich – ein Netzwerkeffekt. Denn je mehr Bewertungen in einem Hotel- oder Restaurantportal hinterlassen werden, umso zuverlässiger die Empfehlungen, um so statistisch zutreffender die Gesamtbewertung.

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Auch die nächstgelegene Apotheke lässt sich dank Geodaten schnell und einfach finden.

Damit das eigene Smartphone überhaupt weiß, wo man ist, um einem tolle Locations in der Umgebung empfehlen zu können, muss man bestimmte Ortungsdienste auf dem Smartphone aktivieren. Tut man das, ist das eigene Smartphone jederzeit ortbar und kann auf einer geographischen Karte dargestellt werden. Praktisch ist das vor allem dann, wenn man es verlegt hat und es dann auf einem anderen Gerät lokalisieren kann. Das eben genannte Beispiel ist natürlich rein hypothetisch und entspringt ausschließlich der Phantasie des Autors und nicht seiner Erfahrung.

Der Trend ist aber klar und eindeutig: wir sind ohne Unterbrechung permanent online. Selbst in Flugzeugen gibt es inzwischen WLAN Verbindungen, so dass bald auch diese „digitale Verschnaufpause“ nicht mehr existieren wird. Und auf Flügen, die noch nicht mit WLAN ausgestattet sind, ist das Erste, was die Passagiere nach der Landung machen, der Blick auf das Smartphone, um zu sehen, was sie alles auf den 45 Minuten von Hamburg nach München verpasst haben.

Lufthansa macht das übrigens sehr clever und schickt den Passagieren, welche die Lufthansa-App installiert haben, direkt nach der Landung eine Nachricht aufs Smartphone, die den Passagieren die Nummer des Laufbandes anzeigt, auf welchem das Gepäck ausgegeben wird. Clever ist das deswegen, weil man in dem Moment, in welchem ein Passagier nach dem Flug auf sein Smartphone schaut, dessen ungeteilte Aufmerksamkeit hat.

Etwas Ähnliches passiert, wenn man am Frankfurter Flughafen zum Check-In geht – mein iPhone fragt mich seit einiger Zeit genau dann, wenn ich vor den Schaltern stehe, ob ich Hilfe beim Check-In benötige. Das finde ich sehr aufmerksam von der Lufthansa und habe mich auf deren Webseite einmal umgeschaut, ob es dazu weitere Informationen gibt. Und tatsächlich gibt es hierzu eine Pressemitteilung aus dem März 2016, in der auch die kommerziellen Aspekte dieser Nachrichten genannt werden.

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Die Lufthansa wirbt mit eFly Services und hat nützliche Funktionen in ihrer App

Hinter der technischen Funktionalität dieser Services stecken sogenannte Beacons, zu Deutsch: Leuchtfeuer. Hierbei handelt es sich um kleine Minisender, die an relevanten Stellen angebracht werden können (wie zum Beispiel den Check-In-Schaltern am Flughafen). Sobald sich ein Smartphone-Besitzer den Beacons nähert, registriert das der Sender durch eine Technologie namens Bluetooth Low Energy (BLE) und kann eine Nachricht an das Smartphone übermitteln. Bei der Lufthansa wird den Economy-Class-Gästen dabei auch ein Lounge-Zugang für 25,- € angeboten sowie ein Upgrade auf Business oder First Class. Nur wer fragt, gewinnt …

Interessant an diesen Push-Messages, die ungefragt auf den Smartphones erscheinen, ist der Gedanke der Relevanz: welcher zusätzliche Service, also welches Produkt oder welche Dienstleistung, kann ich dem Kunden, mit dem ich bereits eine geschäftliche Beziehung habe, zusätzlich noch anbieten – weil ich weiß, dass jetzt der optimale Zeitpunkt ist, ihm diese anzubieten. Jetzt habe ich seine Aufmerksamkeit, das Produkt ist verfügbar und aufgrund der räumlichen Nähe zu meinem Angebot kann ich zumindest auf ein grundsätzliches Interesse rückschließen. Im Verkaufsjargon sagt man hierzu „Up-Selling“, also das Verkaufen zusätzlicher Produkte oder Dienstleistungen bei bestehender Geschäftsbeziehung und eigentlich bereits gesättigter Nachfrage.

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Upselling digital: den benötigten Kaufimpuls im richtigen Moment absetzen

Wenn wir das jetzt einmal auf die Apotheke übertragen: stellen Sie sich einmal vor, Ihr Computersystem wüsste, welche der Apothekenkunden auf ihrem Smartphone in den letzten 48 Stunden den Suchbegriff „Halsschmerzen“ gegoogelt haben – und würde genau diesen Kunden dann eine Push-Nachricht mit dem Inhalt schicken „Halsschmerzmittel X heute zum Sonderpreis!“

Die Funktionalität als solche ist nichts Neues. Online-Shops haben seit über 10 Jahren eine sog. „Smart-Shopper-Funktionalität“: Kunden, die dieses Produkt gekauft haben, haben auch jenes Produkt gekauft. Lediglich das Auslesen von Suchverläufen aus den Browsern von Fremden erscheint uns heute unter Umständen noch ein wenig utopisch. So erschien es zumindest mir, als ich dieses Feature im Januar 2014 zum ersten Mal live auf der „Big Expo“ der Nation Retail Federation (NRF – Einzelhandelsverband der USA) in New York City auf dem Stand von Intel gesehen habe: auf einmal wurden nämlich Designer-Handtaschen in einem großen Display angezeigt, das hinter einem Verkaufstisch hing. Meine Frau hatte nämlich ein paar Tage später Geburtstag und sicherlich können Sie erraten, welche Suchbegriffe in meinem Browserverlauf noch gespeichert waren …

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Großer Andrang auf dem Stand von Intel auf der NRF Big Expo 2014 in New York City

Da davon auszugehen ist, dass bald nahezu alle Menschen ein Smartphone haben und dieses auch oft und intensiv nutzen werden, wird die Möglichkeit, mit Ihnen zu kommunizieren und ihnen für sie relevante Inhalte zur Verfügung zu stellen, immer wichtiger werden. Hiervon kann im Apothekenumfeld jeder nur profitieren, da sie das Geschäft des Apothekeninhabers effizient ankurbeln können und gleichzeitig etwas Positives für das Wohlbefinden des Patienten und Empfängers der eben beschriebenen Nachrichten bewirken können – weil sie wissen, wo ihn der Schuh drückt. Und wir können nur erahnen, wie oft Patienten den Apotheker ihres Vertrauens bewusst nicht ansprechen, weil sie sich genieren oder ihnen ihr Anliegen aus einem sonstigen Grund unangenehm ist. Ihnen könnte geholfen werden.

Und wenn der Empfänger nun kein Interesse an Ihrem Angebot hat? Keine Sorge, wenn wir davon ausgehen, dass keine groben Datenschutzverstöße vorliegen (und davon kann man in der Tat ausgehen, da Applikationen, die Push-Nachrichten oder ähnliches unterstützen, stets bei Installation die Einwilligung des Nutzers hierfür abfragen), kann eigentlich nichts passieren. Denn nicht gekauft hat der Kunde ja eh schon …