Das optimale Warenlager – Chancen, Risiken und Nebenwirkungen

Der nachfolgende Beitrag erschien im Oktober 2017 im Kundenmagazin „apothekenmarkt“ der kohlpharma GmbH.

Im Zeitalter der Digitalisierung ist es für Apotheken wichtiger denn je, eine hohe Lieferfähigkeit vorzuweisen. Die Kunden sind inzwischen daran gewohnt, weil Ihnen die Onlineshops von Amazon bis Zalando vormachen, wie es ist, wenn sämtliche Ware rund um die Uhr verfügbar ist.

In der Apotheke wäre es natürlich ganz einfach, sich möglichst viele Packungen an Lager zu legen. Aber damit wird man der Wirtschaftlichkeit des eigenen Unternehmens gewiss nicht gerecht. Immerhin bindet die Ware Kapital, nimmt teuren Lagerplatz in Anspruch und sollte daher möglichst schnell die Apotheke im Tausch gegen Bargeld oder Rezepte wieder verlassen. Also brauchen wir nicht möglichst viele Packungen, sondern möglichst – und nur – die richtigen Packungen.

Bereits im normalen Einzelhandel mit seinem vergleichsweise kleinen Sortiment ist das schon ziemlich schwierig. Immerhin muss man versuchen, das Kundenverhalten vorherzusagen: wie viele Kunden machen feiertagsbedingt Hamsterkäufe? Wird es zum Wochenende wirklich Grillwetter geben? Wann startet die Werbekampagne von Produkt X?

Nochmal deutlich komplexer wird es dann bei den Apotheken: alle 14 Tage erfolgen Preisänderungen – ändert sich dabei der Preis von freiverkäuflichen Artikel, wirkt sich das immer auf die Abgabehäufigkeit aus. Nahezu genauso häufig können sich Rabattverträge ändern, wodurch sich Substitutionspflichten im Bereich der verschreibungspflichtigen Präparate ändern und Artikel, die gestern noch Renner waren, heute schon wie Blei in den Regalen liegen.

Was in Apotheken also benötigt wird, ist ein Tool, das den optimalen Mix aus Wirtschaftlichkeit und Logistik kennt. Dabei sollte auch eine prognostische Komponente enthalten sein, die auf sich verändernde Rahmenparameter Rücksicht nimmt. Neue Rabattverträge sind beispielsweise bereits im Vorhinein bekannt und können berücksichtigt werden. Wenn chronisch Kranke umziehen, merkt das die Apotheke im Zweifel nicht. Die Auslistung ihrer Artikel kann daher nicht automatisiert in die Berechnung einfließen.

Wenn man bedenkt, dass es in Deutschland heute über 100.000 verkehrsfähige Arzneimittel gibt, die in knapp unter 20.000 Apotheken abgegeben werden und von denen die meisten mit einer von ca. 110 gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden können, ergeben sich daraus Milliarden von möglichen Kombinationsmöglichkeiten für die Zusammensetzung des optimalen Warenlagers.

Um dieser Komplexität Herr zu werden und vor allem, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, ist der Einsatz von Lageroptimierungs-Software empfehlenswert. Eine solche Software sollte in der Lage sein, anhand der Daten aus der eigenen Warenwirtschaft Vorschläge für Ein- und Auslistungen zu errechnen und auch gleich noch die benötigte Lagertiefe für die so ermittelten Arzneimittel festzulegen. Konkret also: welche Krankenkassen kommen am häufigsten vor? Mit welchen pharmazeutischen Herstellern haben diese aktuell Rabattverträge geschlossen oder treten solche in Kürze in Kraft? Mit welcher Kombination aus möglichst wenigen Herstellern kann ich die meisten Krankenkassen bedienen?

Optimal ergänzen lässt sich so eine Software zukünftig durch Daten, die nicht aus der Warenwirtschaft selbst stammen: welche Werbung ist momentan im Flyer/ in der Apotheken-Umschau/ im Fernsehen? Welchen geographischen Verlauf nimmt die Grippewelle dieses Jahr? Welche Ärzte ziehen mit Ihrer Praxis um oder gehen in Ruhestand?

In der Tat sind die letzten Beispiele aktuell noch Zukunftsmusik. Aber es ist davon auszugehen, dass wir noch erleben werden, wie daraus Realität wird. Schließlich gibt es kein einfacher zu steuerndes Warenlager als das, das weiß, was die Kunden wollen, noch bevor diese die Apotheke betreten.