Digitale Kundenbindung – Teil 4 (Bezug)

Patienten informieren sich immer mehr im Internet. Wie Apotheker sich hier nutzstiftend mit einbringen können, haben wir bereits erörtert. Auch die Therapieunterstützung durch smarte Helfer wird in der Kundenbindung immer wichtiger werden. Wenn Sie diese beiden Ebenen der Kundenbindung digital gut bespielen, geht es letztlich nur noch darum, wie Sie am besten auch den Kauf mit Ihrem Kunden bzw. Patienten digital anbahnen und abwickeln können.

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eCommerce: auch ein Thema für die Apotheke vor Ort

Was bewegt die Käufer?“ lautet der Titel einer aktuellen Studie von Nielsen zu Shopper Trends. Zum einen begünstigen steigende Preise im allgemeinen Handel die Akzeptanz von Eigenmarken, zum anderen shoppen inzwischen, über alle Branchen hinweg, 20% der in der Studie Befragten online. Hierin enthalten sind natürlich auch die Apotheken – je nach eigenem Standpunkt zum Thema Versandapotheke könnte man also auch schreiben, dass hiervon auch die Apotheken betroffen sind – oder dass sie davon profitieren.

 

Immerhin haben in Deutschland über 3.000 Apotheken eine Versanderlaubnis. Alle von ihnen gehören zu einer stationären Vor-Ort-Apotheke; folglich haben 15% aller Apotheken in Deutschland die Erlaubnis zum Versand von Arzneimitteln. Von diesen betreiben allerdings nur 5,4% einen aktiven Versandhandel, was ein Indiz dafür ist, wie hart umkämpft dieser Markt ist. Aber grundsätzlich steht es jedem Apotheker offen, sich auch als Versandapotheker unternehmerisch zu betätigen.

Der Versand von Arzneimitteln alleine ist meines Erachtens aber nicht digital. Schon seit ich mich erinnern kann, haben Apotheken einen Botendienst. Also einen Fahrer, meist ein Angestellter der Apotheke, jedenfalls ein Mensch, der mit Wissen und Wollen des Apothekers die Ware von der Apotheke zum Patienten bringt und diesem dort übergibt. Nichts anderes ist, auf dieser Abstraktionsebene, der Versand: der Paketdienst handelt mit Wissen und Wollen des versendenden Apothekers und übergibt das Paket auch an den Patienten. Die Übergabe der Ware ist ein analoger Vorgang, nur die Vertragsgestaltung zwischen Bote und Versand im Innenverhältnis zur Apotheke ist unterschiedlich.

 

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Versand ist immer analog

Also ist die Logistik, die Frage, wie die Arzneimittel aus der Apotheke zum Kunden kommen, erst mal zweitrangig. Dass es hier Einsparpotenziale und noch einige Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung gibt, davon bin ich überzeugt. Aber hierauf werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch tiefer eingehen. Was uns hier also einzig interessieren sollte: wie kann ich durch eine optimale Nutzung der bereits vorhandenen digitalen Tools meine Kunden auch im Bereich des Bezugs von Arzneimittel noch enger an mich binden?

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Warteschlangen vor der Apotheke: schlechte Personalplanung oder hohe Kundenbindung?

Wie immer ist Timing hier alles: wann ist der richtige Zeitpunkt, den Kunden anzusprechen? Wann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er zu einem Kaufangebot aus der Apotheke „ja“ sagt, am höchsten?

 

 

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Der Besitzer dieses Kühlschranks wäre für Lebensmittelwerbung genau jetzt sicherlich sehr empfänglich

Wissen Sie – entweder über Ihre Warenwirtschaft oder über die therapiebegleitende App, die Sie empfehlen und einsetzen – wann die Arzneimittel Ihrer chronisch kranken Patienten zur Neige gehen? Kurz vorher, wenn das Rezept beim Arzt hierfür nachbestellt werden müsste, wäre nämlich DER optimale Zeitpunkt, den Kunden an die Rezeptnachbestellung zu erinnern. Viele Warenwirtschaftssysteme bieten eine solche Funktion im Rahmen der Heimversorgung an. Oft übernimmt dort die Apotheke im Auftrag des Heims das Rezeptmanagement. Aber wieso eigentlich nur bei Altenheimen? Entsprechende Verträge mit den Kunden vorausgesetzt könnte dieser Service doch jedem chronisch Kranken angeboten werden? Die Software dafür (Heimversorgung) gibt es immerhin seit vielen Jahren. Und wie kann man Kunden besser an sich binden, als Ihnen größtmögliche Bequemlichkeit anzubieten?

 

Braucht man dann überhaupt noch einen Online-Shop oder ein „Online-Schaufenster“? Das kommt ganz darauf an. Wenn Sie eine Präsenz auf YouTube haben oder eine Therapie-App einsetzen, haben Sie schon die Aufmerksamkeit der Viewer bzw. der Nutzer der App. Was spricht also dagegen, genau diesen Kunden jetzt auch noch einen Kanal zur Bestellung von Spontanbedarf zu eröffnen? Ziel darf dabei nicht ein Preiswettbewerb mit großen Versandapotheken sein. Aber der Kunde, der eben in Ihrem Video gesehen hat, was er alles tun kann, um mit weniger Beschwerden durch die Allergiezeit zu kommen … meinen Sie, der würde nicht sofort alles bestellen, was er zur Linderung noch benötigt? Den Bedarf erkennen wir doch alleine daran, dass das Video aufgerufen wurde …

 

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Die Möglichkeit, Ware online zumindest vorzubestellen, ist auch für Apotheken sinnvoll

Ob Sie dann tatsächlich einen „richtigen“ Versand betreiben, was eine entsprechende Erlaubnis voraussetzt und (bei entsprechenden Bestellmengen) eine enorm gut strukturierte Logistik benötigt, oder weniger aufwändige Varianten davon betreiben, hängt letztlich von Ihrem unternehmerischen Engagement ab. Viele Geschäfte bieten heute „Click & Collect“ an, also die (Vor-)Bestellung im Internet, bei der die Abholung aber weiterhin im stationären Geschäft erfolgt. ROPO ist das hierzu gehörige Buzzword: „Research Online, Purchase Offline“. Der Kunde, den man heute Shopper nennt, informiert sich im Internet und kauft dann (meist) doch lokal.

 

Wäre nicht genau das die lohnende Zielgruppe, die man mit den digitalen Möglichkeiten unserer Zeit eng an sich binden möchte?