Chatbots im Gesundheitswesen

Der Einzug von Künstlicher Intelligenz (KI) in den Geschäftsalltag erfolgt langsam aber stetig. Chatbots, also textbasierte Dialogsysteme zur elektronischen Kommunikation in Echtzeit, werden dadurch immer mehr zu brauchbaren Helfern, vor allem im Kundensupport. Einige von ihnen, wie Alexa, Cortana, der Google Assistant oder Siri, lassen sich mit Sprache steuern, bei anderen hingegen kann man über die Tastatur Text eingeben und bekommt auch ausschließlich Text auf einem Bildschirm als Antwort.

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Mit Chatbots kann man auch via Tastatur kommunizieren

Chatbots basieren in der Regel auf den Technologien KI und Big Data. In Kombination sind sie in der Lage, aus unzähligen Datenquellen die richtige Information herauszupicken. Hierfür ist es wichtig, die Intention des Fragestellers durch die Erkennung von Mustern in seiner Ausdrucksweise oder Tonalität zu erkennen. Ansonsten wird der Umgang mit ihnen schnell frustrierend. Erinnern Sie sich an Ihre ersten Kommunikationsversuche mit Alexa oder Siri? Ja, manchmal war auch da eine richtige Antwort dabei, aber oft hat einen das System schlicht und einfach falsch verstanden. Aber all diese Systeme haben sich seitdem weiter entwickelt und kontinuierlich verbessert.

Die modernsten Virtual Customer Assistants (VCAs – virtuelle Kundenassistenten) sind in der Lage, die Bedeutung von Wörtern in verschiedenen Kombinationen zu verstehen und Gegenfragen zu stellen, um den Kontext und die Absicht der gestellen Frage(n) zu begreifen. Dadurch werden sie immer mehr in die Lage versetzt, auch wirklich etwas für den Fragenden – den Kunden – zu bewirken. Für die absehbare Zukunft gehen die Experten nicht davon aus, dass Chatbots Menschen bei Aufgaben ersetzen werden, die den direkten Kontakt mit Kunden erfordern. Aber Chatbots werden immer mehr Aufgaben auf intellektuell wenig herausfordender Ebene übernehmen, die heute noch von Menschen erbracht werden. Gute Chatbot-Systeme können darüber hinaus schon heute die Frustration von Kunden erkennen und stellen dann die Interaktion im Support-Center des Betreibers auf einen Menschen um. Dadurch sind Chatbots auf dem Weg zur Mainstream-Akzeptanz.

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Diese Kundin wird vom Chatbot gleich an einen menschlichen Ansprechpartner durchgestellt

Einige Möglichkeiten, wie KI und Chatbots in Zukunft einen immer größeren Einfluss auf den Kundenservice – und positive Kundenerfahrungen –  ausüben werden:

  1. Chatbots schlafen nicht – sie sind rund um die Uhr erreichbar
  2. Chatbots können Stimmungsanalysen durchfühen und übergeben, wenn es heikel wird, an ihre menschlichen Kollegen (s.o.)
  3. Chatbots lassen einen nicht warten – für die Produzenten von Warteschleifenmusik werden harte Zeiten anbrechen
  4. Chatbots gestalten die Kundenerfahrung persönlich, weil sie Informationen über den Kunden aus seiner Historie, dem CRM-System und weiteren verfügbaren Quellen sammeln können. Und selbst wenn der Chatbot gerade nicht mit dem Kunden interagiert, so kann er diese Informationen, quasi als Assistent, seinem menschlichen Kollegen im Kundensupport aufbereiten
  5. Chatbots festigen Kundenbeziehungen; die meisten Unternehmen machen nicht genügend Anrufe bei ihren Bestandskunden, um so den proaktiven Kontakt zu den Kunden zu pflegen. Egal, ob es sich um eine Zufriedenheitsabfrage oder einen persönlichen Geburtstagsgruß handelt: Chatbots zahlen zu 100% auf die Markentreue der Kunden ein
  6. Chatbots reduzieren die Kosten im Kundenservice. Zwar können sie ihre menschlichen Kollegen nicht ersetzen – aber ein Chatbot, der rund um die Uhr arbeitet, kann schließlich mit mehr als nur einem Kunden gleichzeitig sprechen
  7. Chatbots reduzieren die Fehlerquote, weil sie alle Daten und Informationen stets abrufbereit vorhalten – sie vergessen nicht

Unternehmen können Chatbots also für unkomlizierte Aufgaben schon heute einsetzen. Chatbots sind sehr gut, können aber Menschen nicht vollständig ersetzen. Bis heute hat noch kein Chatbot und noch keine KI den sog. Turing-Test, benannt nach dem britischen Informatiker Alan Turing, bestanden. Beim Turing-Test muss ein menschlicher Fragesteller über eine Tastatur und ohne auditiven oder visuellen Kontakt mit zwei ihm unbekannten Gesprächspartnern in Dialog treten. Einer der beiden ist ein Mensch, der andere eine Maschine. Wenn der Fragesteller nach 5 Minuten intensiven Dialogs nicht sagen kann, welcher Gesprächspartner Mensch und welcher Maschine ist, hat der Computer den Test bestanden. Und genau das ist bis heute noch nicht geschehen, auch wenn Dan Brown in seinem Roman „Origin“ behauptet, einer KI namens „Eugene“ wäre das im Jahr 2014 gelungen. Bei „Eugene“ wurde nämlich getrickst. Allerdings scheint Google Duplex inzwischen nicht mehr weit vom Bestehen des Turing-Tests entfernt zu sein. Dort werden nämlich inzwischen rhetorische Pausen und Füllbegriffe wie „Mh … ah … ach so“ in den Dialog eingebaut. Das menschelt dann schon sehr.

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Der Unterschied zwischen Mensch und Maschine im Call-Center wird geringer werden

Komplexe Fragen, die eine umfangreichere Analyse benötigen, sind folglich eher nicht für Chatbots gedacht. Die Verwendung von Chatbots zur Beantwortung einfacher Fragen hingegen kann sich durchaus als effektiv erweisen. Stellen Sie sich nur einmal einen Patienten vor, der im Suchfeld Ihrer Website den Namen eines verschreibungspflichten Arzneimittels eingibt. Schon erscheint der Chatbot und fragt: „Wie kann ich Ihnen helfen?“ Der Patient tippt ein „Haben Sie dieses Arzneimittel in der Apotheke? Der Chatbot könnte dann den Bestand in der Warenwirtschaft prüfen, die Verfügbarkeit dem Patienten mitteilen und ihn schließlich noch darauf hinweisen, dass er für den Bezug des Artikels eine Verordnung benötigt und ihm die Öffnungszeiten der Apotheke mitteilen.

Mit der Warenwirtschaft verknüpfte Chatbots sind zum heutigen Stand noch Zukunftsmusik. Ich persönlich gehe aber davon aus, dass wir hier nicht von einer allzu fernen Zukunft sprechen. Was Chatbots aber für die Gesundheitsberatung und Informationsgewinnung auf Seite der Patienten bedeuten können, dazu habe ich kürzlich auf einer längeren Zugfahrt einen Selbstversuch unternommen. Vom Ergebnis berichte ich nächste Woche.