Wenn eh schon alle Welt über das Coronavirus schreibt …

Natürlich kann ich mir kein medizinisches Urteil über die Gefährlichkeit von COVID-19 erlauben. Aber viele der Veranstaltungen, über die ich an dieser Stelle kürzlich noch geschrieben habe, sind inzwischen verschoben oder gar komplett abgesagt worden. Bei uns in der Region sind Desinfektionsmittel ausverkauft. Nudeln und Toilettenpapier waren es andernorts zeitweise. Menschen reichen einem zur Begrüßung nicht mehr die Hand und wenn man im Zug ein Abteil für sich alleine haben möchte, muss man nur einmal kräftig nießen. Es sind interessante Zeiten – und so sehr uns alle die Hamsterkäufe und die allgemeine Hysterie nerven, so halte ich es für unbedingt notwendig, dass wir schon jetzt überlegen, welche Lehren im Hinblick auf menschliches Verhalten sich daraus ziehen lassen. Außerdem würde ich gerne mögliche Lösungsansätze aus dem Digitalbereich zeigen, die bei zukünftigen Epidemie- und Pandemieausbrüchen die Lage entschärfen können. COVID-19 Coronavirus Apotheke eRezept DigitalisierungDa ist zum einen die faktenbasierte Überwachung der Ausbreitung des Virus. Ich persönlich schaue hierfür gerne auf das „Coronavirus Worldometer.“ Es wird täglich mehrmals aktualisiert und bietet die Daten in mehreren Dimensionen an. Zum einen die Gesamtzahl der Infizierten, die Todesfälle und diejenigen, die wieder komplett genesen sind. Die letzten beiden Kategorien stellen die sog. „abgeschlossenen Fälle“ dar, bei denen die globale bisherige Sterblichkeit beim Verfassen dieses Artikels ungefähr 6% betrug. Weiter unten findet man dann eine Aufteilung nach Ländern. Noch gibt es in Deutschland keine Todesfälle, aber mit 951 bestätigten Fällen belegen wir bereits Platz 5 dieser unrühmlichen Weltrangliste. Die nicht abgeschlossenen Fälle sind die noch aktiven Fälle, von denen in der Statistik wiederum die kritischen bzw. schwer erkrankten Fälle hervorgehoben werden. Diese liegen global bei 14% – in Deutschland sind davon zum Glück nur 9 Menschen betroffen. Pro 1 Million Einwohner gibt es in Deutschland eine COVID-19-Prävalenz von 11,4 Fällen. Zum Vergleich: Italien hat mit 97,3 Fällen pro Million Einwohner eine fast zehn Mal so hohe Rate. Wenn Sie jemand nach Ihrer professionellen Meinung fragt, dann können Sie diese mit solchen Zahlen untermauern. Je nachdem, wie hoch die Dunkelziffer der Infizierten ist, die entweder nicht zum Arzt gehen oder keinen Termin haben, könnten sich die Todesraten und die Quote der ernsthaften Fälle auch noch nach unten reduzieren. Zumindest wage ich, das zu hoffen …

Zum Thema Arzttermine, die ja momentan (verständlicher Weise) schwer zu bekommen sein sollen, fällt mir natürlich sofort die Telemedizin ein. Sogar meine eigene Krankenkasse hat mich vor wenigen Wochen angeschrieben und über deren Kooperation mit Teleclinic informiert. Könnte das nicht ein gangbarer Weg sein, die Ärzte vor Ort vor unnötiger Aussetzung gegenüber schädlichen Erregern zu schützen und gleichzeitig die Patienten persönlich abzuholen, zu beruhigen – um sie im Zweifel bei Bedarf dann auch tatsächlich an den zuständigen Arzt zu überweisen? Teleclinic hat jedenfalls darauf bereits reagiert und bietet auch zum Coronavirus Konsultation an – rund um die Uhr. Sinnvoll und notwendig, wie ich finde, wenn die Arztpraxen vor Ort schon vor dem Coronavirus aus allen Nähten geplatzt sind.

Apotheke Arzt Digitalisierung Coronavirus eRezept

Gibt es hier was umsonst? Nein, der Doktor ist bloß gerade da …

Das Coronavirus selbst kann über den Speichel nachgewiesen werden. Andere Krankheiten aber können über das Blut besser diagnostiziert werden. Und wer, wie ich, „schlechte Venen“ hat, bei dem kann das schon mal etwas länger dauern. Mein persönlicher Rekord liegt bei 4 Versuchen, bis mein Lebenssaft ins Röhrchen lief. Kein Spaß – weder für mich, noch für die Mitarbeiter der Arztpraxis. Und was, wenn ich jetzt noch hochansteckend wäre? Da wäre die Pflegekraft mir schon ganz schön lange ausgesetzt gewesen bei viermal pieksen. Nun, Wissenschaftler der Rutgers University in New Brunswick, Kanada, haben vor Kurzem einen Roboter vorgestellt, der mit Hilfe von Ultraschall geeignete Venen erkennt und dann selbstständig Blut entnehmen kann. Die Trefferquote liegt bei 87 Prozent im Durchschnitt, was in etwa gleichwertig zu menschlichem Fachpersonal ist. Riesenvorteil hierbei: man muss keine dringend benötigten Pflegekräfte in Kontakt mit erkrankten, potentiell ansteckenden Patienten bringen.

Die nächste Etappe auf der Patient Journey nach Konsultation und Diagnose ist dann die Dispension von Arzneimitteln. Dank E-Rezept bekommen Sie die Verordnung als solche ja bald schon vollelektronisch in die Apotheke übermittelt. Aber wollen Sie Ihre Mitarbeiter im HV oder gar Ihren Boten tatsächlich der Ansteckungsgefahr ausliefern? Warum machen wir es bei der nächsten Pandemie nicht so, wie es CVS und Walgreens in Kooperation mit UPS in einer Testregion in Virgina im Osten der USA bereits seit letztem Jahr machen und liefern an hochansteckende Patienten per Drohne?Drohne eRezept Apotheke Digitalisierung CoronavirusDie größten Heilungschancen hat man immer dann, wenn die Krankheit frühzeitig und schnell erkannt wird. Und beim Stichwort „Erkennen“ muss inzwischen vermutlich jeder an Künstliche Intelligenz denken. In China werden zwischenzeitlich KI-Algorithmen eingesetzt, um anhand von Lungen-CT Bildern zu erkennen, ob ein Patient an COVID-19 erkrankt ist. Hinter dem System steckt der aus China stammende Handelsriese Alibaba – und das Resultat ist erstaunlich: nach gerade mal 20 Sekunden ist das Programm in der Lage, eine zu 96% korrekte Diagnose zu stellen. Wenn, wie jetzt, die Ärzte kollektiv und nachvollziehbar unter totaler Überlastung leiden, kann ein solches System den entscheidenden Schutz für den Patienten vor eine Fehldiagnose bieten. Denn im Gegensatz zum Arzt wird eine KI niemals müde und lernt mit jedem neuen Bild fleißig dazu. KI wird Ärzte nicht generell ersetzen – aber wahrscheinlich diejenigen Ärzte, die sich nicht von KI unterstützen lassen, sehr wohl.

Künstliche Intelligenz kann, wie Kazemill in Japan, über die ich ebenfalls an dieser Stelle vor einigen Monaten berichtet habe, auch die bedarfsgerechte Distribution und Steuerung von knappen Gütern im Krisenfall unterstützen. Während in manchen Regionen bestimmte Lebensmittel wie Nudeln ausverkauft waren, so gab es bei uns in der Pfalz noch genügend davon. Eine regionale Umsortierung wäre doch auch eine deutlich verhältnismäßigere Maßnahme als zum Beispiel der letzte Woche verhängte Exportstopp für Atemschutzmasken.

Coronavirus Apotheke Digitalsierung eRezept Maske Atemschutz

Wir müssen zu Hause bleiben: aktueller Status von Atemschutzmasken in Deutschland

Momentan sieht es für mich so aus, als sei Corona zwar sehr wohl ernst zu nehmen. Eine weltweite, tödliche Pandemie wie die Spanische Grippe vor 100 Jahren, die zwischen 25 und 50 Millionen Menschen das Leben kostete – und somit mehr als der erst kurz zuvor zu Ende gegangene Erste Weltkrieg – zeichnet sich nach aktueller Zahlenlage nicht ab. Aber was passieren wird, wenn die nächste Pandemie uns tatsächlich heftiger beuteln wird, das spüren wir gerade. Und die nächste Pandemie wird kommen. Nutzen wir doch bis dahin die Zeit und üben nicht nur nochmal ein wenig an der  Krisenkommunikation, sondern auch am richtigen Einsatz der unzähligen digitalen Helfer, die für jede aktuelle und künftige Krise nur darauf warten, uns wacker zur Seite stehen zu können …

P.S.: sollte eine(r) Ihrer ApothekenkundInnen tatsächlich in häusliche Quarantäne gestellt werden … warum schenken Sie ihm nicht einen Gratismonat Netflix? Einen Gratismonat Apple Arcade oder ähnliches? Ich bin sicher, er wird Ihnen dankbar sein dafür! Digitale Kundenbindung kann auch solche Blüten treiben …