Organisation: Planung in Zeiten der Pandemie

„Organisation: Planung in Zeiten der Pandemie“ – so lautete der Titel eines kurzfristig anberaumten und letzte Woche vor über 120 Teilnehmern gehaltenen Web-Vortrags im Rahmen der Reihe „Apothekers Corner.“ Wegen des hohen Zuspruchs und der anhaltenden Nachfrage möchte ich die wichtigsten Inhalte des Vortrags hier nochmal in Kurzform zum Nachschlagen bei Bedarf wiedergeben.

Das wichtigste vorab: die Quellen, derer ich mich bei der Recherche bedient habe:

Kommen wir kurz zur Pandemieplanung in der Theorie: nach dem amtlichen Handbuch des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, teilt sich die Pandemieplanung in drei Phasen ein: vor (V), während (P) und nach (N) der Pandemie. Alle 3 Phasen haben dabei andere Schwerpunkte, auf die ich hier kurz eingehen möchte.

1. Die V-Phase – vor dem Ausbruch der Pandemie.

Geprägt ist diese Phase dadurch, dass man in Ruhe die Vorkehrungen treffen sollte, damit das eigene Unternehmen – die Apotheke – im Falle einer Pandemie überlebensfähig bleibt. Das hehre Ziel, im Notfall einen fertigen und ausgetüftelten Pandemieplan einfach aus der Schublade ziehen zu können, haben nicht nur die Apotheken, sondern wohl die deutliche Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland verfehlt: nur die wenigsten hatten überhaupt einen Pandemieplan erstellt.

Folgende Fragestellungen sollten während der V-Phase beantwortet und die Antworten idealer Weise schriftlich in einem Dokument, auf welches das gesamte Apothekenteam Zugriff hat, festgehalten werden:

Coronavirus Covid-19 Apotheke Digitalisierung E-RezeptCoronavirus Covid-19 Apotheke Digitalisierung E-Rezept

2. Die P-Phase – während die Pandemie anhält.

In dieser Phase kann nicht mehr wirklich geplant werden. Jetzt geht es darum, entschlossen und schnell zu handeln, zu kommunizieren. Wer einen Pandemieplan erstellt hat, sollte diesen jetzt aktivieren und sich dran halten. Die einzelnen Handlungsstränge sind wie folgt definiert:

Coronavirus Covid-19 Apotheke Digitalisierung E-Rezept_P3_4_Pandemie

3. Die N-Phase – nach dem Abklingen der Pandemie.

Oder anders ausgedrückt: die Rückkehr zur Normalität

  • Teilen Sie Mitarbeitern, Kunden und Dienstleistern eben diese Rückkehr zur Normalität mit!
  • Lösen Sie Kooperationen mit temporären Partnern, die Sie während der P-Phase hinzugezogen haben.
  • Bringen Sie die Betriebsfunktionen der Apotheke zurück in den Normalzustand
  • Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über die Bewältigung der Pandemie.
  • Werten Sie die Folgen der Pandemie für Ihre Apotheke(n) aus.
  • Gab es Mängel in Ihrem Pandemieplan? Analysieren und beseitigen Sie diese!

Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrags – und vermutlich auch, wenn Sie diesen lesen – befinden wir uns mitten in der P-Phase. Wenn Sie die Vorbereitungen der V-Phase nicht bereits getroffen haben, ist es jetzt zu spät dafür.

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Wir befinden uns gerade inmitten der heftigsten Phase dieser Pandemie.

Aber es gibt dennoch ein paar Tipps, die man auf die Schnelle ohne große Vorbereitung umsetzen kann:

1. Social Listening. Die sozialen Netzwerke bersten derzeit vor guten Ideen, was Apotheken tun können. In der Schule war das Abschauen beim Nachbarn verboten – heute kann es Leben retten. In folgenden Facebook-Gruppen findet reger Austausch mit Tipps und Anregungen zur gegenseitigen Unterstützung von Apotheken statt:

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn es weitere Gruppen gibt, können diese ja in den Kommentaren verlinkt werden. Schauen Sie aber auf jeden Fall, was Ihre Kollegen in diesen Gruppen an Maßnahmen posten. Spicken ist ausdrücklich erwünscht!

Coronavirus Covid-19 Apotheke Digitalisierung E-Rezept2. Social Distancing. Wir sollen ja eigentlich nicht unsere Sozialkontakte reduzieren, sondern die physischen. Physical Distancing klingt auch irgendwie freundlicher, finde ich. Geschützt werden müssen dabei vor allem Ihre Mitarbeiter, die ja permanent Erregern (nicht nur von Covid-19) ausgesetzt sind. Ohne Team lässt sich die Apotheke nicht betreiben und lassen sich auch die Kunden nicht versorgen. Folgende Maßnahmen habe ich, meist über soziale Netzwerke, aber auch durch einen Besuch bei der Apotheke in meinem Wohnort, gesehen:

  • „Plexi ist sexy“ – ein Plexiglas-Schutz vor dem HV, der die Mitarbeiter vor Tröpfchen und Aerosolen schützt. Ein solcher Schutz wurde in vielen Apotheken in Deutschland über Nacht – im wahrsten Sinne des Wortes – hochgezogen.
  • Verzicht auf Bargeldzahlungen. Ideal ist kontaktlose Bezahlung. Das geht bei EC-Karten in aller Regel bis zu Beträgen von 25€, beim Bezahlen mit Smartphones oder Smartwatches („mobile payment“) sogar generell. Auch gut: das Bezahlen mit EC-Cash oder Kreditkarten. Diese müssen Sie ja nicht zwangsweise selbst in die Hand nehmen; wenn Sie dem Kunden das Terminal hinhalten, kann er die Karte durchziehen und die PIN muss er ja sowieso selbst eingeben.
    Ansonsten denken Sie auch an die Möglichkeit der Bezahlung per Rechnung. Hierzu benötigen Sie zwar die Stammdaten jedes Kunden – aber das ist ja nicht wirklich zu Ihrem Nachteil, wie ich an dieser Stelle vor Kurzem ausgeführt habe. Und wenn alle Stricke reißen: stellen Sie Tassen oder Körbe neben die Kassen, in welche die Kunden ihr Bargeld legen können. Denn auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass das Coronavirus durch Bargeld übertragen werden kann, so findet man über 3.000 Spuren auf Geldscheinen: von Noroviren bis zur DNA von Breitmaulnashörnern …
  • Vorbestellmöglichkeiten. Egal ob Rezepte oder OTC – bieten Sie Ihren Kunden die Möglichkeit an, Einkäufe auch online zu tätigen oder zumindest vorzubestellen. Dadurch wird der physische Kontakt ebenfalls reduziert. Wenn möglich, liefern Sie diese Bestellungen dann aus über den
  • Botendienst.

3. Redundanzen aufbauen. Da sich höchstwahrscheinlich über kurz oder lang auch jemand aus Ihrem Team infizieren wird oder unter Quarantäne gestellt werden wird, können Sie die Stabilität der Betriebsführung mit folgenden Maßnahmen fördern:

  • Teilen Sie sich den Botendienst, z.B. im wöchentlichen Wechsel gemeinsam mit den anderen Apotheken vor Ort. Jede Apotheke fährt für alle Apotheken eine Woche lang aus und pausiert dann. Sollte sich ein Fahrer infizieren, findet die Belieferung durch Vor-Ort-Apotheken dennoch statt. Können dazu evtl. Fahrer aus stillgelegten Betrieben anderer Branchen zeitweise einspringen?
  • Führen Sie alternierende Teams (Rollierung Vormittag/ Nachmittag oder wöchentlich) ein und überlegen Sie, vor allem bei großen Apotheken, ob Sie das Prinzip „designated survivor“ einführen. Hierbei wird ein(e) Approbierte(r) auf „Halde“ gelegt und führt den Betrieb dann weiter, wenn alle anderen Approbierten ausfallen sollten. Bis dahin kann sie oder er aus dem Homeoffice unterstützen.

4. Verständnis zeigen. Für Sie, für Ihre Familie, für Ihr Team und für Ihre Kunden ist die aktuelle Situation neu. Es ist eine absolute Ausnahmesituation mit bereits jetzt lebensverändernden Einschnitten. Jeder Mensch reagiert darauf unterschiedlich. Von Abschottung bis hin zur Verbreitung von Verschwörungstheorien gibt es ein buntes Spektrum an emotionalen Reaktionen. Mein Tipp: nehmen Sie Angriffe nicht persönlich und sagen Sie ausreichend danke.

Ich habe hier zusammengefasst, was ich selbst aufgeschnappt habe. Einen Anspruch auf Vollständigkeit hat diese Sammlung natürlich nicht. Weitere Tipps können Sie daher gerne in die Kommentare schreiben.

Und allen, die unsere Versorgung aufrecht erhalten, möchte ich das letzte Wort dieses Beitrags widmens. Es lautet …

DANKE