Computer und IT gelten aufgrund ihrer Techniklastigkeit als klassische Männderdomänen. Wer denkt bei Digitalisierung nicht an Namen wie Bill Gates, Steve Jobs oder Gordon Moore? Dabei waren es vor allem Frauen, die an den wichtigsten Meilensteinen der Digitalisierung maßgeblich beteiligt waren. Drei Beispiele sollen im Folgenden, stellvertretend für alle anderen, die wichtige Rolle dieser Pionierinnen beleuchten.

Die bekannteste von ihnen ist mit Sicherheit Ada Lovelace (1815 bis 1852). Sie war eine britische Mathematikerin, die vor allem aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit dem Erfinder, Mathematiker und Philosophen Charles Babbage bekannt wurde. Ihn wiederum kennt man aufgrund der von ihm konzipierten „Analytical Engine,“ einer Rechenmaschine, die als früher Vorläufer heutiger Computer angesehen wird, die jedoch zu seinen Lebzeiten nie gebaut wurde. In den 1840-er Jahren hielt Ada Lovelace in ihren Notizen einen Plan zur Berechnung der Bernoulli-Zahlen in Diagrammform vor. Diesen Plan kann man somit als das erste veröffentlichte formale Programm betrachten. Inspiriert wurde Lovelace durch mechanische Webstühle, die bereits damals mit Lochkarten ohne zusätzliche menschliche Unterstützung betrieben werden konnten. Ada Lovelace gilt heute als erste Programmiererin der Geschichte. Im viktorianischen England war es jedoch für Frauen faktisch unmöglich, Ruhm und Ehren in Naturwissenschaften zu erlangen. Erst über 100 Jahre nach ihrem Tod wurden die Aufzeichnungen von Ada Lovelace wiederentdeckt – und seitdem ist sie eine Ikone der Informatik. Selbst im Gesundheitswesen kennt man ihren Vornamen: als App, die mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) ihre Nutzer nach Beschwerden und Symptomen befragt, um daraus Wahrscheinlichkeiten für mögliche Erkrankungen abzuleiten und gegebenenfalls Empfehlungen für einen Arztbesuch abzugeben.
Nicht namentlich bekannt sind die unzähligen Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs als Programmiererinnen tätig waren. Moment – Frauen als Programmiererinnen? Natürlich! Wer sonst hätte diese Tätigkeiten in einer Zeit übernehmen sollen, in der die Männer auf den Schlachtfeldern kämpfen mussten? Die ersten Computer gab es damals übrigens schon lange. So wurde in England der Röhrencomputer Colossus betrieben, mit dem vor allem die abgfangenen Nachrichten des deutschen Militärs entschlüsselt werden sollten. Diese waren ihrerseits wiederum maschinell chiffriert, wie zum Beispiel von der legendären Schlüsselmaschine Enigma. Nach dem zweiten Weltkrieg jedenfalls galt der Beruf der Softwareentwicklung als reiner Frauenberuf. Kaum vorstellbar, wenn man sich aktuelle Zahlen der Bitkom anschaut, wonach heute nur noch 17 Prozent der IT-Fachkräfte Frauen sind und lediglich jeder siebte Bewerber für IT-Berufe weiblich ist. Die tapferen Programmiererinnen vor über 75 Jahren jedenfalls haben die Codes der Nazis geknackt, fleißig deren Nachrichten mitgelesen und hatten letztlich auf ihre Art so auch einen kleinen Anteil daran, dass das Hitler-Regime mit seinem rückwärtsgewandten Frauenbild besiegt wurde.

Die Informatikerin und Reservistin der US-Marine Grace Hopper (1906 bis 1992) schließlich ist die dritte Pionierin der Digitalisierung. Ihr verdanken wir nicht nur die Programmiersprache COBOL, sondern ganz generell das Kompilieren von Computerprogrammen. Anfang der 1950-er Jahr war sie es nämlich leid, ihre Programme in den sprichwörtlichen Nullern und Einsern zu verfassen, die Maschinen interpretieren können. Ihr Compiler konnte Spezifikationen in Maschinencode übersetzen. Diese Übersetzung konnte man dann am Rechner zur Ausführung abschreiben und eingeben. Hätte sie damals nicht so beharrlich auf die Einführung einer allgemeinverständlichen Sprache bestanden, würden wir uns heute noch mit Maschinensprache herumärgern – eine stumpfsinnige Arbeit, die uns Compiler, Interpreter und Programmiersprachen heute abnehmen. Im Rahmen des Millennium-Bugs vom Jahreswechsel 1999 auf 2000 wurde nochmal häufiger über Grace Hopper berichtet. Sie hatte nämlich in ihren Programmen die Jahreszahlen auf zwei Stellen beschränkt, um teuren Arbeitsspeicher zu sparen. Viele davon liefen im Jahr 1999 noch unverändert weiter – was für einen Jahreswechsel sorgte, den viele in der IT Beschäftigte noch heute sehr gut in Erinnerung haben.
Ohne diese Frauen wäre die Digitalisierung, wie wir sie heute kennen, nicht denkbar. Dazu gehört auch die Warenwirtschaft, ohne die der Betrieb einer Apotheke heute nicht mehr vorstellbar ist. Dazu kommen werden in Kürze das E-Rezept, die elektronische Patientenakte und die ein oder andere Plattform. Wie weiblich die Digitalisierung heute überhaupt noch ist, darüber habe ich an dieser Stelle schon laut nachgedacht. Und ob die Umsetzung der digitalen Lösungen im Gesundheitswesen noch dem Geist von Lovelace und Hopper entsprächen, darf ebenfalls angezweifelt werden. Das zumindest sind meine Gedanken, wenn ich dieses Zitat von Grace Hopper lese:
„Das Leben war vor dem Zweiten Weltkrieg einfach. Danach hatten wir [Computer-]Systeme.“
Quelle: https://www.greelane.com/geisteswissenschaften/geschichte–kultur/grace-hopper-quotes-3530092
[…] technologischen Neuerungen. Der Widerstand gegen Veränderungen ist zutiefst menschlich, wie schon Grace Hopper […]
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