Verschlafen haben wir die Digitalisierung (noch) nicht – aber es gibt Handlungsbedarf. Bevor wir das große Thema der digitalen Geschäftsmodelle aufgreifen, sollten wir daher nochmal kurz definieren, was wir überhaupt unter „Digitalisierung“ verstehen.

In etwas sowas verstand man vor 20 Jahren unter „Digitalisierung“
Ende der 90-er, als ich mein erstes Staatsexamen machte, gab es den Begriff „Digitalisierung“ bereits. Damals aber nicht als „Buzzword“, unter dem sich jeder etwas anderes, wahlweise beängstigend oder heilversprechend, vorstellen konnte. Damals meinte es, ganz banal, das manuelle Einscannen von (analogen) Fotos, um diese digital abzuspeichern. Oder das Einlesen von CD’s, um diese als MP3 auch auf dem PC abspielen zu können. Beides war damals noch mit deutlich seh- bzw. hörbaren Qualitätsverlusten verbunden – und natürlich meine ich im Folgenden mit Digitalisierung etwas grundlegend anderes, das sich im Laufe der letzten Jahre hieraus entwickelt hat.
Ganz allgemein ist nämlich unter „Digitalisierung“ die Veränderung von Abläufen, Gewohnheiten und z.T. auch Objekten durch die zunehmende Nutzung digitaler Geräte und Technologien gemeint.
Digitale Geräte – Computer – werden immer kleiner, immer schneller und besser. Seit dem Jahr 1965 verdoppelt sich die Leistungsfähigkeit von Prozessoren bei gleichbleibenden Komponentenkosten alle 12 bis 24 Monate. Im aktuellen iPhone von Apple steckt mehr Rechnerkapazität als in der kompletten IT-Infrastruktur der NASA im Jahr 1969. Diese exponentielle Entwicklung wird irgendwann gebremst werden, spätestens dann, wenn Transistoren im subatomaren Bereich gebaut werden müssten. Dementsprechend wird in den Laboren der großen IT-Firmen wie Intel, IBM und Co. bereits nach Nachfolgetechnologien wie Super- oder Quantencomputern geforscht.
Auswirkungen dieser Facette der Digitalisierung sieht man auch in Apotheken: Kommissionierautomaten unterstützen im Warenlager, indem sie den Platz optimal ausnutzen. Und während längst noch nicht alle Apotheken einen Automaten haben, so haben doch alle eine Warenwirtschaft. Und diese unterstützt bei der Optimierung des Inhalts des Warenlagers, bestellt nahezu autonom Ware beim Großhandel und gibt an der Kasse nützliche Handlungshinweise.
Digitalisierung heißt auch, dass Mensch und Maschine stets online sind. Im „Internet of Things“ sind Maschinen miteinander vernetzt und tauschen Daten aus, die sie zur Bewältigung der ihnen einprogrammierten Aufgaben benötigen. Es gibt inzwischen Herzschrittmacher, die kardiale Daten an den behandelnden Arzt übertragen, EKGs in der Ambulanz, die bei Verdacht auf Herzinfarkt die Daten bereits in den Notfall-OP übertragen, so dass das Einsatzteam dort bestens gebrieft ist und weniger Zeit mit der Anamnese verbringen muss.
Wearables erfassen permanent unsere Vitaldaten und übertragen diese über die Cloud an die Anbieter von Gesundheits-Apps. Das bewegt sogar einige Anbieter zur Änderung ihres Geschäftsmodells: Jawbone, seit einigen Jahren einer der am weitest verbreiteten Hersteller von Wearables, hat im Februar 2017 angekündigt, sich komplett aus diesem Marktsegment zurück ziehen zu wollen, um künftig Medizinprodukte für Krankenhäuser anzubieten. Wie interessant wären diese Daten (Bewegung, Fitness, Schlafgewohnheiten, Puls, usw.) für Apotheker im Rahmen ihrer pharmazeutischen Beratung?
Und schließlich steht Digitalisierung stets im Zusammenhang mit Daten – Daten sind nicht nur das Erdöl des 21. Jahrhundert, sondern auch die unverzichtbare Grundlage für jedes digitale Geschäftsmodell. In der Apotheke sind die derzeit vorhandenen Datenquellen vor allem das Rezept des Patienten (das man, weil es komplett standardisiert ist, hervorragend auf digitale Transportwege umstellen könnte), die Informationen, die in der Warenwirtschaft anfallen … und das Gespräch mit dem Patienten. Letzteres läuft (natürlich) unstrukturiert ab, weswegen hier im Moment viel Hoffnung auf Big Data Algorithmen und künstlicher Intelligenz ruht, die das Potenzial haben, unstrukturierte Daten semantisch zu erfassen und verwertbar zu machen.
Und Daten werden ebenfalls von Wearables, Mobilgeräten und teilweise auch von Implantaten sowohl produziert als auch erfasst. Ein banales Beispiel: der Suchbegriff „Apotheke“ hat unterschiedliche Relevanz für Sie: je nachdem, ob er von einem stationären PC irgendwo auf der Welt oder einem Smartphone zwei Straßenecken von Ihrer Apotheke entfernt eingegeben wurde. Würde Sie es nicht interessieren, wie viele Handys im letzten Jahr im Umkreis von 500 Metern um Ihre Apotheken nach Stichworten wie „Apotheke“, „Aspirin“; „Hustenreiz“, „Fieber“ o.ä. gesucht haben – und wie viele davon dann tatsächlich den Weg in Ihre Apotheke gefunden haben?
In seinem sehr lesenswerten Buch „Silicon Germany“ beschreibt der Autor Christoph Keese folgende Merkmale für die Identifikation von Digitalisierung; ich habe mir erlaubt, diese aufzugreifen und gedanklich auf Apotheken zu transferieren:
- werden digitale Methoden eingesetzt? Ein Beispiel sind die in vielen Apotheken vorhandenen Bonuspunkte: müssen Ihre Kunden diese noch in ein Bonusheft kleben – oder existieren sie bereits ausschließlich „virtuell“, wie das z.B. bei Payback der Fall ist?
- Ist das Produkt/ die Dienstleistung mit der Umwelt vernetzt? Arbeiten Sie mit auf Papier ausgedruckten Medikationsplänen für Ihre Patienten, auf denen diese die Einnahme mit einen Stift abhaken müssen und damit dann zum behandelnden Arzt gehen? Oder benutzen Sie eine auf dem bundeseinheitlichen Medikationsplan basierende Lösung, die es Ihnen gestattet, Informationen digital zwischen Arzt, Patient, Angehörigen und Ihnen selbst auszutauschen?
- Wird digital mit den Benutzern kommuniziert? Verteilen Sie noch 20.000 Flyer über die Lokalpresse an alle Haushalte oder schicken Sie Push-Nachrichten (oder WhatsApp-Mitteilungen) an die von Ihnen identifizierte, für die jeweilige Information relevante Zielgruppe?
- Sind die Prozesse an digitale Möglichkeiten angepasst? Werden Bestellungen vor der Übertragung an den Großhandel nochmal durchgesehen und Bestellmengen per Hand optimiert? In dem Fall stimmen die Einstellungen Ihres Systems nicht – besser wäre es, einmalig die Einstellungen korrekt einzusetzen, statt immer wieder manuellen (vermeidbaren) Aufwand zu betreiben.
- Ist das Geschäftsmodell nur digital umsetzbar? Das ist bei Plattformen, auf die ich in späteren Beiträgen noch tiefer eingehen werde, stets der Fall. Apotheken sind zwar auch Plattformen, auf denen Angebot und Nachfrage für „Gesundheitsprodukte und –dienstleistungen“ zusammen gebracht werden. Allerdings funktionieren diese seit über 750 Jahren analog … und hierin liegt die große Herausforderung für Apotheken.
vgl. Christoph Keese, „Silicon Germany“, S. 23, Penguin Verlag, München, 2017
Das Risiko, dass sich nämlich sog. Plattformanbieter zwischen Patient und Apotheke drängen und dabei größere Anteile der ohnehin schon rückläufigen Erträge von Apotheken abgreifen, haben inzwischen die meisten Apotheker begriffen. Lediglich an Lösungen fehlt es – auch ich bin nicht im Besitz dieser einen Idee, mit der ich die Welt retten kann (oder zumindest unsere Apotheken vor Ort). Um diese aber zumindest mal erarbeiten zu können, muss man verstehen, wie Plattformen grundsätzlich funktionieren. Und hierzu schauen wir im nächsten Beitrag zunächst auf die digitale Transformation und welche tiefgreifenden Veränderungen schon alltäglich geworden sind. Denn genau darauf setzen digitale Geschäftsmodelle letzten Endes immer an.
[…] sich auf neue Gegebenheiten einzulassen – selbst wenn jetzt schon klar ist, dass die Digitalisierung nicht mehr weggehen […]
LikeLike
[…] Themen tauchten, einem Leitmotiv gleich, in allen Vorträgen auf: Digitalisierung als Mittel zur Kommunikation und Automatisierung zur Optimierung der Prozesse. Der Kampf um die […]
LikeLike
[…] Diagnose heute zur beherrschbaren Gesundheitsbeeinträchtigung geworden ist. Natürlich hat die Digitalisierung das mit ermöglicht. Große Fortschritte wie dieser benötigen enorme Ressourcen: finanziell, […]
LikeLike
[…] Computers keiner mehr inne. Wie wird unsere Gesellschaft aussehen, wenn wir die Auswirkungen der Digitalisierung als normal empfinden? Und wie sieht dann die Apothekenlandschaft in Deutschland […]
LikeLike
[…] Wohle der Patienten gefunden werden, nur steigen wird. Nutzen wir also die Werkzeuge, die uns die Digitalisierung zur Verfügung stellt – besser geht […]
LikeLike
[…] Diskussionsforen auf apotheke-adhoc oder in Apothekengruppen auf Facebook zum Thema Digitalisierung werden die Kommentare schnell kontrovers und teilweise auch hitzig, besonders wenn es um die ABDA […]
LikeLike
[…] ist eine Ausprägung der Digitalisierung. Über vernetzte Systeme werden Artikel, in diesem Fall Arzneimittel, beim Inverkehrbringen durch […]
LikeLike
[…] hierbei sicherlich ein Katalysator. Denn je schneller sich ein Wandel vollzieht, so wie eben die Digitalisierung in alle Gesellschaftsbereiche hineindringt, um so größer ist das Verlangen nach Ordnung und […]
LikeLike
[…] muss also noch ein wenig warten. Aber wenn man einen Blick auf die bisherige Evolution der Digitalisierung wirft, dann wiederholen sich folgende […]
LikeLike
[…] Und das ist nicht nur im Silicon Valley so. Auch bei uns in Deutschland denkt man beim Stichwort „Digitalisierung“ schnell an Namen wie die von Oliver Samwer (Rocket Internet, Investor von u.a. Zalando), Lars […]
LikeLike
[…] mir hier hemmungslos zitierte Dr. Meskó, sondern auch ich mir von allen Heilberufen, wenn es um Digitalisierung im Allgemeinen und KI im Speziellen geht. Diese Technologien werden in den nächsten Jahren ohne […]
LikeLike
[…] Digitalisierung ist ein solcher Technologiesprung. Viele Unternehmen haben das schon schmerzhaft erfahren müssen. […]
LikeLike
[…] wie Amazon sowie die Versandapotheken aus dem In- und EU-Ausland – wird nicht mehr weggehen. Die Digitalisierung ist auch in der Gesundheitsbranche angekommen um zu bleiben. Mit dem E-Rezept und der […]
LikeLike
[…] alleine um der Digitalisierung willen hilft also niemandem. Genauso wenig hilfreich sind allzu riskante Geschäftsmodelle. Im […]
LikeLike
[…] gut 2 Jahren schreibe ich an dieser Stelle über Digitalisierung und wie sie sich auf den Apothekenalltag auswirkt bzw. zukünftig auswirken könnte. Dabei treffe […]
LikeLike
[…] Digitalisierung, das wissen wir, hat vor allem mit Kommunikation zu tun; mit der eigenen Einstellung gegenüber dem kontinuierlichen Wandel, mit der Fähigkeit, sich auf neue Rahmenbedingungen einzulassen und die darin liegenden Chancen zu nutzen. Technologie ist zwar das Wekzeug hierfür – aber für sich alleine nur ein „stumpfes Schwert,“ das ohne flankierende Maßnahmen wenig bis gar nichts bewirken kann. Auf Neudeutsch könnte man auch sagen, dass Technologie der „Enabler“ für den digitalen Wandel ist. Manchmal gibt es jedoch technische Innovationen, die so naheliegend sind, dass man sich mitunter fragt, wieso bis jetzt noch niemand darauf gekommen ist. […]
LikeLike
[…] (tschüß, Metapher): definieren wir kurz zum Einstieg, was wir überhaupt meinen, wenn wir über Digitalisierung sprechen.Ganz allgemein bedeutet nämlich „Digitalisierung“ die Veränderung von Abläufen, […]
LikeLike
[…] und dem Gift habe ich schon mehrfach in diesem Beitrag erwähnt. Auch bei Krankheiten, die auf Errungenschaften der Digitalisierung beruhen, gilt diese Binsenweisheit. Vermutlich sollten sie hier sogar etwas restriktiver angewandt […]
LikeLike
[…] sie hat ja viel Zeit. Sie ist an Gesundheit interessiert und grundsätzlich eher compliant. Digital ist nicht so ihr Ding, das musste sie mühsam lernen, aber inzwischen hat auch sie ein Smartphone, […]
LikeLike
[…] praktizierter Usus, deswegen fällt es uns so schwer, ihn loszulassen. Aber warum hat die Digitalisierung denn unser Verhalten so stark verändert? Weil sie stets auf maximale Effizienz und Einfachheit […]
LikeLike
[…] eine gewisse Routine im Vortragen – und Spaß macht es mir irgendwie auch. Denn trotz aller Digitalisierung wird niemals irgendein Computer die Mensch-zu-Mensch-Interaktion ersetzen […]
LikeLike
[…] liegt auch die eine, dauerhafte und große Konstante in all den Veränderungen, welche die Digitalisierung mit sich bringt. Der Senior-Chef wollte sich die neue Warenwirtschaft nicht mehr zumuten und hat […]
LikeLike
[…] Revolution, die innerhalb kürzester Zeit alles auf den Kopf stellt. Ich bin der Meinung, dass die Digitalisierung sowohl eine Evolution als auch eine Revolution ist – es kommt eigentlich nur auf den Zeitraum […]
LikeLike
[…] Beitrag habe ich an dieser Stelle über Digitale Therapeutika geschrieben, also Tools, die digitale Technologien nutzen, um die Behandlung von physischen oder psychischen Erkrankungen zu begleiten oder zu […]
LikeLike
[…] diese Frauen wäre die Digitalisierung, wie wir sie heute kennen, nicht denkbar. Dazu gehört auch die Warenwirtschaft, ohne die der […]
LikeLike
[…] Gesundheit bedeutet vor allem einen einfachen Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen mit digitalen Mitteln. Eine Faustregel, um zu erkennen, ob es sich bei einem konkreten Anwendungsfall um digitale […]
LikeLike
[…] ist für viele Menschen Stress – und davon gibt es mit der Corona-Pandemie, der Digitalisierung und dem Klimawandel, um nur einige zu nennen, mehr als genug. Wie denkst Du werden sich diese drei […]
LikeLike
[…] das unsere Lebensgewohnheiten innerhalb von kürzester Zeit komplett verändert hat? Na klar: die Digitalisierung. Im alltäglichen Gebrauch wird das sicherlich am besten repräsentiert durch das Smartphone. Mit […]
LikeLike
[…] der tollste Errungenschaften der Digitalisierung sind zweifelsohne E-Mails. Im Geschäft kann man sich so auf dem Laufenden halten und privat den […]
LikeLike
[…] Digitalisierung wird uns dieses Problem übrigens nicht lösen. Egal, wie gut der Softwarecode auch sein mag, er […]
LikeLike
[…] Aber nicht nur die Pandemie, sondern auch die (selbst in Deutschland) weiter voranschreitende Digitalisierung, noch dazu gepaart mit dem Ärztemangel, werden dafür sorgen, dass sie die Nische schnell […]
LikeLike
[…] „Digital, menschlich & nachhaltig – Apotheke der Zukunft“ vortragen. Nachdem die Digitalisierung in den Apotheken zunehmend zum Alltag geworden ist, wartet mit dem Klimawandel bereits die nächste Herausforderung […]
LikeLike
[…] Sie die Kunden von morgen„So lautet der Titel einer 30-minütigen Diskussion rund um Digitalisierung, Social Media, Podcasts und Co. – kurz, darum, wie Kundenkommunikation in der Zukunft gehen wird. […]
LikeLike
[…] Digitalisierung verbindet Menschen. Das gilt auch im Bereich der Gesundheit. Geschehen muss das nicht unbedingt immer nur durch ein Mehr an Informationen wie bei Punkt 3. Auch im Bereich der Funktionen gibt es viele Ansatzpunkte hierfür. Kunden, die in Stoßzeiten gerne über lange Wartezeiten im HV der Apotheke nörgeln, können beispielsweise über Vorbestell-Apps oder Plattformen von zu Hause aus bestellen. Außerhalb der Öffnungszeiten können sich Abholautomaten oder ein „Late-Night-Botendienst“ um die Übergabe kümmern. […]
LikeLike
[…] ist das so? Warum hat die Digitalisierung unser Privatleben voll im Griff, im Berufsleben spielt sie jedoch allenfalls eine Nebenrolle? Eine […]
LikeLike