Digitalisierung im Apothekenalltag – Was ist? Was kommt? Was bleibt?

Wie digital sind Apotheken eigentlich heute? Mit den folgenden Zeilen möchte ich gerne bei der Standortbestimmung der deutschen Apotheken vor Ort helfen. Hierfür benötigen wir aber irgendeinen Kompass – oder anders ausgedrückt (tschüß, Metapher): definieren wir kurz zum Einstieg, was wir überhaupt meinen, wenn wir über Digitalisierung sprechen.binary-1327503_1920Ganz allgemein bedeutet nämlich „Digitalisierung“ die Veränderung von Abläufen, Gewohnheiten und z.T. auch Objekten durch die zunehmende Nutzung digitaler Geräte und Technologien. Und was hat sich verändert? Nun, die Geräte werden immer kleiner, schneller und besser, sie sind miteinander vernetzt und tauschen permanent Daten aus.

Schauen wir also, wo überall im Apothekenalltag uns diese Errungenschaften bzw. Merkmale der Digitalisierung begegnen.

  1. Die Warenwirtschaft. Sie ist sicherlich das Kernstück der Digitalisierung in Apotheken. Ohne sie ist der Betrieb einer Apotheke nicht vorstellbar. Egal, ob an der Kasse (Rabattverträge, Wechselwirkungen, korrekte Preisermittlung, uvm.) oder im Backoffice (Bestellprozesse, Rechnungswesen, Lagerverwaltung, uvm.) – ohne Warenwirtschaft geht in deutschen Apotheken nix. Sie ist auch digital mit der Außenwelt vernetzt, Securpharm oder die Bestellung beim Großhandel über das MSV3-Protokoll sind hier nur zwei Beispiele von vielen. Mit der Warenwirtschaft war die Apotheke übrigens für lange Zeit dem sonstigen stationären Einzelhandel weit voraus. Erst in den letzten 10-15 Jahren haben vor allem die großen Ketten hier aufgeholt.
  2. Kommissionierautomaten. Ohne kleine Prozessoren und der Vernetzung mit der Warenwirtschaft wären diese fleißigen Helferlein undenkbar. Und sie übernehmen ohne Meckern eine der eintönigsten Aufgaben im Apothekenbetrieb – glauben Sie das gerne jemandem wie mir, der im Jahr 1995 einmal ein komplettes Apothekenlager (analog) neu sortieren musste, weil der Platz in den Schubladen zu ungleichmäßig verteilt war …
  3. Apps zum (Vor-)Bestellen von Arzneimitteln. Diese datenschutzkonformen, sicheren Tools haben eine direkte Verknüpfung in die Apotheke. Wenn Sie eine solche Lösung noch nicht einsetzen, sollten Sie schnellstens damit anfangen. Nicht, weil Sie dadurch zwangsweise mehr Umsatz machen oder weniger Aufwand haben. Aber nachdem klar ist, dass das E-Rezept nächstes Jahr eingeführt wird, sollten Sie keine Sekunde mehr zögern, Ihre Kunden daran zu gewöhnen, dass diese Ihre Apotheke auch mobil und online erreichen können. An welche Apotheke werden Ihre Kunden sonst wohl denken, wenn sie das erste elektronische Rezept bekommen?
  4. Digitale Sichtwahl. Wer aufs Staubwischen und Auffüllen aus dem Übervorrat verzichten möchte und stattdessen moderne und multifunktionale Präsentationsflächen bevorzugt, setzt sie schon längst ein. Dazu überzeugen niedrigere Lagerkosten und ein höherer Lagerumschlag ebenso wie die Möglichkeit, jederzeit die Gestaltung unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten vor Ort auf Knopfdruck anpassen zu können.
  5. Smarte Geräte wie zum Beispiel der apotec cool connect von Wepa. Laut der Homepage des Herstellers hat er eine integrierte Auswertungs- und Dokumentationssoftware, die den Temparaturverlauf protokollieren. Diese Daten werden automatisch gespeichert (für die Revision) und können jederzeit abgerufen oder per E-Mail auch versendet werden. Auch ein Alarm beim Überschreiten vorab festgelegter Grenzwerte wird per SMS oder Mail verschickt.
  6. Google My Business. Die meisten Kunden schauen heute im Internet nach stationären Geschäften. Wer auf Google nicht gelistet ist, findet offline immer seltener statt. Natürlich haben Sie heute noch Ihre Stammkunden, die zumindest gefühlt schon immer da waren. Aber der demografische Wandel macht auch vor ihnen nicht halt. Und die nachkommende Generation recherchiert eben online und digital. Mit dem Tool „Google My Business“ kann jedes Unternehmen seinen Eintrag auf Google optimieren und überwachen. Viele Apotheker nutzen dieses Tool schon heute – Sie auch? Falls nein: weiterführende Informationen finden Sie in diesem hier verlinkten Erklärvideo von Steffen Kuhnert – von einem Apotheker für Apothekerinnen und Apotheker.

Apotheken haben also, entgegen der landläufigen Meinung und der häufig selbstironischen Darstellung als „Tante-Emma-Laden,“ einen hohen Digitalisierungsgrad. Dies gilt zumindest im Hinblick auf die innerbetrieblichen Prozesse und die regulatorischen Vorgaben, die bei der Abgabe von Arzneimitteln zu beachten sind. Was das Angebot an digitalen Mehrwertleistungen für die Apothekenkunden und die Vernetzung mit Angehörigen anderer Heilberufe betrifft, so sind sicherlich noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.

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Digitale Transformation ist ein Marathon – kein Sprint. Apotheker sollten ihren Vorsprung nicht aufgeben!

Die nächste Zukunft bringt unter anderem das E-Rezept, elektronische Patientenakten, telemedizinische Videosprechstunden und, spätestens mit dem Digitale Versorgung Gesetz, auch Gesundheits-Apps auf Rezept. All diese Dienstleistungen richten sich stark am Patienten und seinen Bedürfnissen aus. Zeit also, die bisher nicht genutzten Möglichkeiten aus dem letzten Absatz jetzt zu heben. Natürlich kann man all das als Bedrohung für die eigene Apotheke sehen – oder als Chance, sich auch in der digitalen Gesundheitswelt der Zukunft zu positionieren. An digitaler Grundkompetenz mangelt es Ihnen schließlich nicht, wenn Sie Apotheker sind …