Vier Apps für Klima, Umwelt und Gesundheit

Das Bewusstsein für die gebotene Dringlichkeit beim Kampf gegen den Klimawandel hat sich mittlerweile durchgesetzt. Die meisten Mitmenschen haben das verstanden. Auch viele Apotheken erkennen die Notwendigkeit von Maßnahmen für Klima- und Umweltschutz sehr wohl an und können sich damit identifizieren. Alleine die Umsetzung scheitert meist an Themen, die im Moment einfach dringlicher sind – Stichwort Corona. Erst musste Desinfektionsmittel hergestellt werden, dann die Apotheke umgebaut, Masken beschafft und abgerechnet sowie zuletzt die Impfstoffe für die Arztpraxen beschafft und verteilt werden. Ach ja, das Praxisteam musste ja auch noch in die Rekonstitution eingewiesen werden … dass evtl. der Klimawandel die Pandemie begünstigt hat und es bereits heute Stimmen gibt, die behaupten, die Corona-Krise sei nichts im Vergleich zu dem, was uns durch eine Klimakrise bevorsteht – geschenkt.

Apotheke Digitalisierung Pandemie Coronavirus

Starten möchte ich mit zwei Apps, die mir persönlich als eine Art Coaches für den Klimaschutz dienen, bevor wir dann zu den beiden Apps kommen, die ich beim Einkaufen stets parat habe.

Wenn es nicht die dringenderen Angelegenheiten sind, dann sind es häufig unsere Angewohnheiten, die uns von einem umweltbewussteren, nachhaltigeren und letztlich auch gesünderen Leben abhalten. Aber gibt es nicht doch etwas, das unsere Lebensgewohnheiten innerhalb von kürzester Zeit komplett verändert hat? Na klar: die Digitalisierung. Im alltäglichen Gebrauch wird das sicherlich am besten repräsentiert durch das Smartphone. Mit ihm kann man bezahlen, fotografieren und sogar Bahn- und Flugtickets verwalten. Es hat dadurch die Verdrängung von Bargeld und Kreditkarten aus Plastik beschleunigt, den Herstellern von Fotoapparaten schwere Zeiten beschert und auch Tickets aus Papier sind heute irgendwie out. An all das waren wir bis ungefähr 2005 aber doch auch gewöhnt, oder?

Deswegen möchte ich heute vier Apps vorstellen, die ich selbst nutze. Diese unterstützen mich dabei, mein Bewusstsein für Klima- und Umweltschutz zu schärfen, Kaufentscheidungen bewusster zu treffen und mich im Alltag als Konsument aus vertrauensvollen Quellen zu informieren. Da ich nicht der enizige Nutzer bin, haben diese Apps das Potential, das Verhalten von Vielen zu verändern, hin zu mehr Nachhaltigkeit. Für Angehörige von Heilberufen ist das aus zweierlei Perspektive interessant: zum einen ist jeder von uns auch Konsument und Kunde. Zu wissen, was man da kauft und wie dieser Kauf die Umwelt und die eigene Gesundheit beeinflusst, ist eine äußerst wertvolle Information. Zum anderen laden sich die vorgestellten Apps auch immer mehr Kunden und Patienten von Heilberuflern herunter und konfrontieren ihr Gegenüber gelegentlich auch mit Fragen dazu. Es hilft, wenn man auf diese Fragen schon vorbereitet ist.

Klimakompass

Die für Android- und Apple-Geräte verfügbare App „Klimakompass“ (Worldwatchers GmbH) unterstützt ihre Nutzer dabei, ihr Alltagsverhalten nachhaltiger und klimafreundlicher zu gestalten. Oder, wie es im Mission Statement auf der Homepage formuliert wird:

„Wir befähigen Unternehmen, Kommunen und Privatpersonen zur CO2-Neutralität mit Apps, professioneller Technologie, Daten und Softwarelösungen. Damit wir gemeinsam die Pariser Klimaschutzziele erreichen.“

Quelle: https://www.worldwatchers.org/

PLAN3T

Apotheke Digitalisierung Nachhaltigkeit Klimaschutz Klimawandel Apps PLAN3T
PLAN3T – der digitale Begleiter für einen nachhaltigen Alltag. Quelle (c) Plan3t GmbH

PLAN3T ist eine App, die umweltbewusste Konsumenten für nachhaltige Kaufentscheidungen und Klimaschutz im Alltag belohnt. Im ersten Schritt errechnet die App den individuellen CO2-Fußabdruck. Liest eine Nutzerin dann personalisierte Tipps und nimmt an Nachhaltigkeits-Challenges teil, erhält die Person dafür sogenannte Planet Coins. Die Planet Coins können dann bei über 40 nachhaltigen Partnerunternehmen eingelöst werden, dazu zählen neben vielen anderen Bereichen auch Kosmetik-Marken wie Hydrophil, Suntribe und Terrorists of Beauty. PLAN3T wurde 2020 von Lukas Wehrhahn, Christian Gärtner und Kaspar Wehrhahn gegründet und hat seinen Sitz in Hamburg.

Ich persönlich finde die Umsetzung in beiden Apps äußerst gelungen und habe sogar Spaß beim Mitmachen. Als ersten Schritt empfehle ich, zunächst den eigenen Verbrauch in CO2-Äquivalenten pro Jahr zu ermitteln (mit dem Reiter „Rechner“ im Klimakompass, unter der Rubrik „Tracker“ in PLAN3T). Diese werden mit einfachen Schiebereglern, Plus-Minus-Tasten und einfachen Fragen berechnet. Sofort bekommt man mit den gängigen Ampel-Kategorien rot/ gelb/ grün angezeigt, wie nachhaltig man sich in verschiedenen Kategorien wie Wohnen, Ernährung, Mobilität, Shopping, Freizeit, Urlaub und Digitales Leben verhält. Seinen eigenen Verbrauch sieht man in beiden Apps danach stets sehr prominent angezeigt. Geschickt wird in beiden Apps mit Farben gearbeitet. Grün überwiegt, sofern die eigenen Emissionen unterhalb des Durchschnitts in Deutschland (derzeit wohl 11,2 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr) liegen, gelb, wenn sie sich im Durchschnitt bewegen und je weiter man sich nach oben davon entfernt, umso dunkelroter wird die Schriftfarbe. Glauben Sie mir: allein diese rote Schrift kann ein sehr schlechtes Gewissen verursachen – und wenn es Ihnen auch so gehen sollte, dann haben die Apps eines ihrer Ziele zumindest erreicht: sie haben die Aufmerksamkeit des Nutzers geweckt.

An jede Problemanalyse schließen sich Problemlösungen an – so auch in diesen Apps. Dabei bedienen sie sich den Mechanismen der sog. „Gamification.“ Dabei werden Elemente, die für Spiele typisch sind, in einem spielfremden Kontext eingesetzt. Der Klimakompass arbeitet hier mit sog. „Klimapunkten,“ die man für das Abschließen von sog. „Klima-Herausforderungen“ erhalten kann. Bei PLAN3T erhält man Planet Coins für Challenges, die nach der Erfassung der eigenen Verbrauchsdaten sogar individuell ausgewählt werden. Als Challenges werden Tipps und Hinweise für tägliche Aktivitäten bezeichnet, die zu einer Verminderung von Emissionen beitragen sollen. So erhält man beispielsweise durch den Verzicht auf Plastikverpackung oder fleischfreie Tage Belohnungen für das Absolvieren der Challenges und kann den eigenen Erfolg durch die unmittelbare Rückmeldung aus dem Apps sogar messen.

Screenshot meines Klimakompasses (vor Corona, zu meiner Ehrenrettung)

Man muss diese eben erwähnten Klima-Herausforderungen noch nicht einmal alleine bestreiten. Im Klimakompass kann man diese als sog. „klimathon“ auf einzelne Unternehmen oder Kommunen individualisieren lassen. Und auch in PLAN3T gibt es die Möglichkeit, Team-Challenges zu absolvieren. Hierbei kann man die eigenen Ergebnisse mit denen seiner Team-Mitglieder vergleichen und sich so gegenseitig zu immer mehr Nachhaltigkeit anspornen. Nach einem sehr ähnlichen Prinzip funktionieren sog. „Hackathons,“ bei denen in gemischten Teams aus unterschiedlichen Unternehmen gemeinsam Software entwickelt wird. Die Ergebnisse solcher Kollaborationen sind in aller Regel sehr beachtenswert. Was spricht dagegen, außer dem chronischen Zeitmangel in Apotheken, mit dem gesamten Apothekenteam einen klimathon auszurichten und das auch auf den Social Media Kanälen der Apotheke zu posten? So motiviert sich das Apothekenteam gegenseitig zu mehr Nachhaltigkeit, gleichzeitig fördern solche gemeinsamen Aufgaben den Teamgeist und sollten letztlich insgesamt das Bewusstsein für die vielen kleinen Schritte, die jeder einzelne von uns tun kann, nachhaltig schärfen.

Mein Fazit: zwei coole Apps – am besten beide direkt ausprobieren! Und sobald ich dann meine Planet Coins auch in der Apotheke vor Ort einlösen kann, komme ich auf einen Besuch vorbei.

Codecheck

Apotheke Digitalisierung App Klimaschutz
Quelle: (C) 2021 CodeCheck

Die inzwischen sehr populäre App CodeCheck prüft die Inhaltsstoffe in vielen Produkten des alltäglichen Gebrauchs. Die Funktionsweise ist denkbar einfach: man scannt einfach den Barcode eines beliebigen Produktes und erfährt so unmittelbar, wie viel Zucker, Fett oder andere Inhaltsstoffe darin stecken. Bei Produkten, die schädlich für die Gesundheit oder, wie Palmöl, für die Umwelt sind, werden auch Warnmeldungen ausgegeben. Man erhält auch Hintergrundinformationen zu weniger bekannten Zutaten. Der App ist es egal, ob man Lebensmittel, Kosmetik oder Reiniger abscannt, sie kann daher im Supermarkt genauso genutzt werden wie in der Apotheke oder einer Drogerie – vorausgesetzt, Sie haben ein mobiles Datennetz oder sind mit dem WLAN verbunden. Die Darstellung der Informationen ist sehr übersichtlich, mit der zu Grunde liegenden, umfangreichen Datenbank kann man sogar nach besser geeigneten alternativen Produkten suchen. Natürlich läuft auch diese App auf Android und iOS Betriebssystemen.

Ich persönlich habe diese App vor Corona gerne im Supermarkt genutzt, vor allem um bei Bio-Produkten zu schauen, wie „bio“ diese wirklich sind. Da ich mein Smartphone jedoch mit Gesichtserkennung entsperre, ist der Einsatz seit dem verpflichtenden Tragen von Mund-Nasen-Schutz-Masken etwas umständlich geworden, da ich zum Entsperren jetzt nicht mehr einfach ins Display schauen kann, sondern den Code eingeben muss. Dennoch kann man den Einkauf auch zu Hause in Ruhe scannen und sich dann beim nächsten Einkauf für andere, nachhaltigere Produkte entscheiden.

Meinen Apotheker, dessen Apotheke inzwischen klimaneutral ist, habe ich übrigens ebenfalls schon darauf angesprochen, für welche seiner Produkte es klimafreundlichere Alternativen gibt …

ToxFox

App Apotheke Digitalisierung Klimaschutz
Quelle: (C) BUND
Apotheke Digitalisierung App Klimaschutz klimaneutral
ToxFox im Einsatz; Quelle: (C) BUND

Die ebenfalls auf Android und Apple-Geräten lauffähige ToxFox-App vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (mit dem treffenden Akronym BUND), einer der ältesten und größten Organisationen für den Naturschutz hierzulande, basiert auf einem ähnlichen Konzept wie das eben erwähnte Codecheck. Der Fokus liegt dabei jedoch weniger auf allgemeinen Produktionformationen, sondern auf dem gezielten Aufspüren von Schadstoffen in Alltagsprodukten. Als Beispiele werden Kosmetik, Spielzeug, Möbel, Teppiche, Sportschuhe, Textilien und elektronische Geräte auf der Webseite vom BUND genannt. Das erklärte Ziel der App ist es, schädliche Produkte zu Ladenhütern zu machen. Die Funktionsweise ist dabei ähnlich einfach wie bei Codecheck: durch einfachen Scan des Barcodes auf der Verpackung mit dem Smartphone werden einem entweder die im Produkt vorhandenen Schadstoffe angezeigt oder man bekommt eine Meldung, dass das Produkt noch nicht in der Datenbank erfasst ist. Besonders interessant ist hier, dass man sich direkt aus der App heraus mit einer Frage nach Giftstoffen an den Hersteller oder Händler wenden kann, falls keine Angaben vorhanden sind. Hersteller sind daraufhin gesetzlich verpflichtet, innerhalb von 45 Tagen zu antworten, falls deren Produkt tatsächlich besonders gefährliche Substanzen enthalten sollte. Erfolgt eine solche positive Antwort, so fließt sie direkt in die Datenbank ein und steht bei der nächsten Anfrage sofort zur Verfügung. ToxFox ist somit ein stets dazu lernendes System, wovon auch seine Nutzer letztlich profitieren sollten.

Schädliche Produkte sollen zu Ladenhütern werden – der Ansatz ist durchaus ehrenwert, aber sicherlich auch ziemlich idealistisch. Wäre ich Apotheker, würde ich dennoch vorsichtshalber die Produkte in meiner Freiwahl und der Kosmetik mit den Apps Codecheck und ToxFox scannen lassen. Mich würde es interessen, falls meine Kunden, die diese Apps nutzen, kritische Angaben auf ihrem Smartphone erhalten. Auf diese sollte das Apothekenteam plausible Antworten parat haben. Und falls sich wirklich Stoffe in einem der Produkte befinden sollten, die schädlich für die Gesundheit oder die Umwelt sind, dann sollte der betreffende Artikel meines Erachtens ausgelistet werden – bevor er in Ihrer Apotheke zum Ladenhüter wird und letztlich bei den Abschreibungen in der Bilanz entsorgt wird.

Vier Apps für Gesundheit, Klima und Umwelt. Welche davon werden Sie ausprobieren? Oder kennen Sie andere tolle nachhaltige Apps? Dann freue ich mich auf Ihren Kommentar!