Am 15.03.2018 habe ich im Aktuellen Wirtschaftsdienst für Apotheker (AWA) aus dem Deutschen Apotheker Verlag einen Artikel veröffentlicht mit dem Titel „Smarte Medikationshelfer aus der Apotheke.“ Die Kernaussage in dem Artikel war, dass Apotheken ihren Kunden durchaus Apps zur Einnahmeerinnerung von Medikamenten und der Erinnerung an Folgerezepte empfehlen sollten. Solche Apps gab es im Jahr 2018 bereits zur Genüge.

Mit der Empfehlung einer solchen App, so meine Überlegung, könnten die Apotheken in Richtung ihrer Patienten digitale Kompetenz zeigen. Immerhin benutzte bereits damals ein Drittel der über 65-jährigen ein Smartphone, diese Tendenz ist nach wie vor steigend. Außerdem kann man mit so einer App die Grundlage für künftige digitale Geschäftsmodelle schaffen. Auch diese Überlegung gilt nach wie vor: je mehr Patienten sich auf so einer App – oder Plattform – befinden, umso größer wird der Netzwerkeffekt. Unter Netzwerkeffekt versteht man den steigenden Nutzen aus einem Produkt für einen Kunden, sobald sich die Anzahl anderer Kunden desselben Produktes bzw. komplementärer Produkte erhöht. Die Geschäftsmodelle von Unternehmen wie beispielsweise Amazon, Facebook oder Google begründen sich genau darauf. Und natürlich kann es auch bei Gesundheitsanwendungen einen Netzwerkeffekt geben, der dafür sorgt, dass Kunden ihre Nachfrage – beispielsweise der nach Medikamenten – nur noch über diese App befriedigen und nicht mehr wie bisher. Sobald sich eine Vielzahl von Kunden eine solche neue Verhaltensweise angewöhnt hat, spricht man von Disruption. Und nicht zuletzt fördert der Netzwerkeffekt Monopolstrukturen, weswegen die eben genannten Unternehmen inzwischen auch in den Fokus von Kartellbehörden weltweit geraten sind.
Gesundheits-Apps, insbesondere im Kontext des Medikationsmanagements, bieten daher enorme Chancen für Apotheken. Über 80% des Umsatzes und über 60% der abgegebenen Packungen in deutschen Apotheken basieren auf ärztlichen Verordnungen. Hauptzielgruppe der Apotheke sind somit nach wie vor Patienten, die mit einem Rezept in die Apotheke kommen. Sinniger Weise aber nicht alle Patienten mit einem Rezept – bei Akutmedikation wie zum Beispiel Antibiotika ist eine Wiederkehr des Patienten ungewiss – sondern chronisch Kranke, die regelmäßig mit einer ärztlichen Verordnung in die Apotheke kommen.

In dem eingangs erwähnten, verlinkten und für Abonnenten der AWA kostenfrei lesbaren Artikel führe ich dann einige Kriterien auf, anhand derer eine Apotheke sich durch den Dschungel der Apps navigieren kann. Unter anderem sollten von der Apotheke empfohlene Apps, den Bundesmedikationsplan (BMP) unterstützen können, den Datenschutz berücksichtigen, einfach und intuitiv zu bedienen sein und eine Stammapothekenfunkion unterstützen. Dazu sollte es eine Möglichkeit zur direkten (sicheren) Kommunikation mit der Apotheke geben, eine Reichweitenberechnung mit dem Ziel, rechtzeitig an die Folgeverordnung beim Arzt erinnert zu werden und auch an erweiterte Services wie Interaktions- und Wechselwirkungschecks wurde damals hingewiesen. Heute käme sicher noch die Unterstützung des E-Rezepts und die Verfügbarkeitsan- bzw. -abfrage in der ausgewählten Apotheke als wichtige Kriterien hinzu.
Beim Punkt Datensicherheit habe ich in dem AWA-Artikel damals ausgeführt:
„[…] Ist der Patient jederzeit Herr über seine Daten? Werden die Daten sicher verwahrt, vorzugsweise in einer europäischen Cloud? Wer ist Anbieter dieser App? Eine in der Gesundheitsbranche fest verwurzelte Institution, an der sich eventuell sogar Apotheker beteiligen können? Oder ein Unternehmen aus dem Private-Equity-Sektor, das bald schon Kettenbetreibern aus dem Ausland gehören könnte?
Quelle: AWA 6/ 2018
Wie relevant dieser Punkt tatsächlich ist, hat sich vorletzte Woche eindrucksvoll gezeigt. Am 7. Januar 2021 hat die Shop-Apotheke eine Pressemitteilung veröffnet. Darin gibt die Versandapotheke mit Sitz im niederländischen Venlo den vollständigen Erwerb der Smartpatient GmbH mit Sitz in München bekannt. Laut Pressemitteilung zählt das schnell wachsende und gründergeführte Unternehmen zu den führenden Anbietern digitaler Gesundheitsdienste. Bekannt ist mir persönlich die von Smartpatient entwickelte App MyTherapy, die ich auch bei der Recherche für meinen AWA-Artikel einige Zeit lang im Einsatz hatte. Sie ist für den Einsatz bei nahezu allen chronischen Krankheiten geeignet. Letztlich entspricht sie, mit Ausnahme der Eigentümerschaft, sämtlichen von mir aufgestellten Kriterien. Aktuell wird MyTherapy laut Pressemitteilung der Shop-Apotheke von rund 1,4 Millionen Patienten aktiv genutzt. Und zu diesen 1,4 Millionen Patienten hat die Shop-Apotheke jetzt einen direkten digitalen Zugang.

MyTerapy ist eine sehr gute App – aber sie ist nicht die einzige App, die das Medikationsmanagement durch Einnahmeerinnerungen unterstützt. Im Zweifel kann genau das die App von Ihrem Warenwirtschaftsanbieter ebenfalls. Shop-Apotheke war die Akquisition einer solchen App wohl einen Kaufpreis im oberen zweistelligen Millionenbereich wert. Nachvollziehbar, denn sogar unter Beachtung aller Anforderungen des Datenschutzes lassen sich alleine mit den komplett anonymisierten Daten von 1,4 Millionen Patienten hervorragende Aussagen über die Versorgungsqualität treffen. Aussagen, die auf konkreten Zahlen basieren und mit denen man bei der Politik punkten kann.
Ich selbst nutze übrigens für meine Medikationserinnerung seit gut 4 Jahren ein Produkt aus dem Hause meines Arbeitgebers. Ohne diese App hätte ich nicht nur unzählige Male auf Dienstreisen (vor Corona) meine Arzneimittel nicht eingenommen, sondern auch regelmäßig vergessen, mein Fogerezept beim Hausarzt anzufordern. Verknüpft mit der App ist meine Stammapotheke, der ich ein Foto meines Rezeptes schon vorab zukommen lasse, sobald ich es in der Hand halte. So weiß „mein“ Apotheker rechtzeitig Bescheid, dass er das teure (und leider von den Lieferengpässen betroffene) Arzneimittel beschaffen muss.
Kurzum: so eine App ist eine lohnende Sache für alle Beteiligten, Patient und Apotheke. Welchen smarten Medikationshelfer empfehlen Sie eigentlich Ihren Kunden?
[…] Quellen zu informieren. Da ich nicht der enizige Nutzer bin, haben diese Apps das Potential, das Verhalten von Vielen zu verändern, hin zu mehr Nachhaltigkeit. Für Angehörige von Heilberufen ist das aus zweierlei Perspektive […]
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[…] Apps, die ihre Nutzer an die Einnahme ihrer Arzneimittel erinnern, gibt es seit etwas mehr als fünf Jahren. Die meisten davon enthalten eine Reichweitenberechnung und überprüfen die hinterlegten Arzneimittel auch auf Wechselwirkungen. Wird eine solche entdeckt, so erhalten die Nutzer einen Hinweis, sich mit ihrem Arzt oder Apotheker in Verbindung zu setzen. In vielen Apps ist zusätzlich dazu auch die Möglichkeit gegeben, sich beispielsweise per Chat mit einer fest hinterlegten Stammapotheke in Verbindung zu setzen. Und natürlich können die Nutzer die Einnahme ihrer Arzneimittel auch quittieren. Solche Apps sind ein wichtiges Mittel, um ungewollte Therapieabbrüche zu reduzieren. Der Vorteil für den Versorgungsauftrag der Apotheken liegt in der Planbarkeit. Adhärente Patienten kommen in regelmäßigen Abstänge wieder um ihre Medikamente in Empfang zu nehmen. Das Warenlager und die Kapitalbindung können daraufhin angepasst werden, wodurch die Sicherstellung der Versorgung unterstützt wird. Auch die direkte Verbindung in die Apotheke, beispielsweise via Chat, sichert die Versorgung. Immerhin können so Neben- und Wechselwirkungen direkt mit Fachleuten für Arzneimittel abgeklärt werden, was wiederum die Arzneimittelsicherheit verbessert. […]
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[…] unserem Leben können natürlich auch vom Smartphone sehr hilfreiche „Nudges“ kommen. Apps zur Einnahmeerinnerung spielen beispielsweise auch in meinem Leben eine große Rolle beim Nichtvergessen der […]
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[…] und erörtert werden. Für demente (oder vergessliche) Patienten bietet sich zusätzlich an, ihnen eine App zu empfehlen, die sie regelmäßig daran erinnert, ausreichend zu trinken. Hiervon gibt es in den App- und […]
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[…] Aber eine Zukunft, in der man nicht nur Verordnungen, sondern ganze Gesundheitsakten inklusive Allergien, Diagnosen und natürlich auch Medikationsplänen grenzüberschreitend in ganz Europa zur Verfügung haben wird, ist Teil der Public Health Strategie […]
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[…] diese Kompetenz auch bei den anderen Anwendungen, wie der elektronischen Patientenakte oder dem Medikationsplan in Richtung der Kunden kommunizieren. Jeder Anlass, die Apotheke zu besuchen, wird die Rolle der […]
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[…] positives Beispiel für beiderseitigen Informationsgewinn sind Medikationsapps, in denen Patienten an ihre Arzneimittel erinnert werden und deren Einnahme einfach bestätigen können. Der Patientennutzen liegt darin, dass sie aktiv an […]
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[…] aber nicht viel sichtbar außer ganz vielen Mosaiksteinen. Einige von ihnen sind sogar sehr schön, manche App nutze ich sogar selbst gerne und regelmäßig. Dennoch ergeben die Mosaiksteine kein Bild. Es entstehen Datensilos in in sich geschlossenen […]
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[…] regelmäßig Fachartikel, beispielsweise über die negativen Auswirkungen von Einsamkeit auf die Adhärenz von Patienten. Über den Rückschlag, denn die Covid-19-Pandemie für ihren jahrelangen Einsatz hin zu mehr […]
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