Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln.
§ 1 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über das Apothekenwesen (Apothekengesetz – ApoG)
In diesem einfach formulierten Satz liegt der gesetzliche Auftrag und somit die rechtliche Existenzgrundlage für Apotheken. Das Apothekengesetz trat im Jahr 1960 in Kraft. Seitdem hat sich viel getan, nur § 1 Absatz 1 Satz 1 ApoG wurde nicht geändert. Deswegen schauen wir in diesem Beitrag auf einige Innovationen aus dem Bereich der Digitalisierung, die in diesem Blog bereits besprochen wurden. Beleuchtet man sie nun im Lichte von § 1 ApoG, so bekommt man schnell eine gute Vorstellung davon, welche Innovationen geeignet sind, um die Zukunft der Arzneimittelversorgung zu verbessern. Bei diesen Innovationen können wir also davon ausgehen, dass sie gekommen sind, um zu bleiben.
1. Apps zum Medikationsmanagement
Apps, die ihre Nutzer an die Einnahme ihrer Arzneimittel erinnern, gibt es seit etwas mehr als fünf Jahren. Die meisten davon enthalten eine Reichweitenberechnung und überprüfen die hinterlegten Arzneimittel auch auf Wechselwirkungen. Wird eine solche entdeckt, so erhalten die Nutzer einen Hinweis, sich mit ihrem Arzt oder Apotheker in Verbindung zu setzen. In vielen Apps ist zusätzlich dazu auch die Möglichkeit gegeben, sich beispielsweise per Chat mit einer fest hinterlegten Stammapotheke in Verbindung zu setzen. Und natürlich können die Nutzer die Einnahme ihrer Arzneimittel auch quittieren. Solche Apps sind ein wichtiges Mittel, um ungewollte Therapieabbrüche zu reduzieren. Der Vorteil für den Versorgungsauftrag der Apotheken liegt in der Planbarkeit. Adhärente Patienten kommen in regelmäßigen Abstänge wieder um ihre Medikamente in Empfang zu nehmen. Das Warenlager und die Kapitalbindung können daraufhin angepasst werden, wodurch die Sicherstellung der Versorgung unterstützt wird. Auch die direkte Verbindung in die Apotheke, beispielsweise via Chat, sichert die Versorgung. Immerhin können so Neben- und Wechselwirkungen direkt mit Fachleuten für Arzneimittel abgeklärt werden, was wiederum die Arzneimittelsicherheit verbessert.

2. Arzneimitteldispensierer
Morgens, Mittags, Abends und zur Nacht. Diese vier Einnahmezeitpunkte finden sich auf Tages- oder Wochendosetten und sollen Patienten ebenfalls an die Einnahme von Arzneimitteln erinnern. Schlauchblister sind schon etwas individueller, da sogar individuelle Uhrzeiten auf ihnen angebracht werden können. Dadurch können Abstände zwischen Einnahmezeitpunkten optimal berücksichtig werden. Aber so richtig rund wird der Prozess der Einnahme erst mit Dispensierern, die zum richtigen Zeitpunkt das richtige Arzneimittel ausgeben und den Patienten darauf hinweisen, beispielsweise mit einem Signalton. Dabei hat man sämtliche Vorteile der Einnahmeerinnerung gepaart mit der Sicherheit, dass Arzneimittel auch tatsächlich verabreicht werden. Es gibt Geräte, die sogar in der Lage sind, Angehörige zu informieren, falls ausgegebene Arzneimittel nicht aus der Ausgabeschale entfernt werden. Den Versorgungsauftrag der Apotheken unterstützen solche Geräte vor allem im Hinblick auf das Wort „ordnungsgemäß“ im Gesetzestext. Denn aktuell gibt es keine Möglichkeit, die korrekte Einnahme zum richtigen Zeitpunkt besser zu steuern als durch solche Geräte.

3. Telemedizin und Telepharmazie
Wer kennt sie nicht, die Patienten, die im Notdienst kommen und ein Arzneimittel benötigen, das eigentlich verschreibungspflichtig ist? Nur dass in den seltensten dieser Notfälle der Patient schon mit einer ärztlichen Verordnung kommt. Wie einfach wäre es, nachdem sich die Telemedizin in der Pandemie etabliert hat, hier an Ort und Stelle – natürlich diskret im Beratungszimmer – den Patienten einen Telekonsil mit dem Telemediziner seiner Wahl durchführen zu lassen? Abschließend bekommt er die Verordnung in Echtzeit als E-Rezept auf sein Smartphone geschickt und kann es direkt vor Ort in der Apotheke einlösen. Apotheker könnten so ihrem Versorgungsauftrag nachkommen und würden nicht in den wohlbekannten Interessenkonflikt geraten. Es ist davon auszugehen, dass die Telemedizin auch bei der Chronikerversorgung in den nächsten Jahren stark an Relevanz zunehmen wird. Ähnlich ist die Telepharmazie zu bewerten. Sie ermöglicht es Apotheken, die Sicherheitsaspekte der Arzneimittelversorgung auch aus der Ferne und ohne großen Zeitaufwand zu erbringen.

4. Abholautomaten
Die meisten Nahrungsmittel für den grundlegenden Bedarf gibt es inzwischen selbst in ländlichen Gegenden aus Automaten. Hier weiß ich aus persönlicher Erfahrung, wovon ich spreche: in meinem Wohnort mit gut 4.000 Einwohnern in der schönen Pfalz findet sich ein Fleisch-Automat beim Metzger und ein Wein-Automat beim Winzer. Letzterer hat auch einige Flaschen Sprudelwasser im Vorrat, klar, für die Rieslingschorle. Inzwischen haben auch die ersten Apotheken ihren Apomaten, wenngleich noch nicht in meiner Region. Auch diese Automaten helfen bei der Arzneimittelversorgung, da sie den Apotheken einen 24/7-Service ermöglichen und Kunden, die beispielsweise wegen Schichtarbeit nicht zu den Öffnungszeiten kommen können, dennoch von ihrer Stammapotheke versorgt werden können. Auch hier ist es auch Aspekten der Arzneimittelsicherheit sinnvoll und wünschenswert, wenn die Dokumentation über abgegebene Medikamente aus einer Hand erfolgt und dort auch überwacht wird.

5. Die letzte Meile – Lieferung zur Haustür der Kunden
In den Neunzigern war ich selbst Bote einer Apotheke und habe täglich über zwanzig Haushalte angefahren, um Arzneimittel zu liefern. Das war und ist Teil der ordnungsgemäßen Versorgung für Patienten, die nicht in der Lage sind, die Apotheke aufzusuchen. Ich habe damals meine Touren noch per Hand und nur für eine Apotheke sortiert. Inzwischen gibt es Tools, die Routen automatisch optimieren und dabei auch eine beliebige Anzahl an Apotheken integrieren können. Das ist ökonomisch und ökologisch nachhaltig und ermöglicht es Apotheken, auch ohne großen Fuhrpark die letzte Meile zum Kunden abzudecken. Die Versorgung der Bevölkerung obliegt laut Gesetz den Apotheken. Nun gibt es für die Lieferung nach Hause eine steigende Nachfrage, weswegen sich hier insbesondere in den deutschen Großstädten neue Player tummeln, die Apotheken die Lieferung als Service anbieten und dafür Millionensummen von ihren Investoren einstreichen. An der Sinnhaftigkeit eines solchen Angebots gibt es wenig Zweifel, insbesondere wenn die Kunden bereit sind, dafür zu bezahlen. Dennoch frage ich mich, ob Apotheken gut beraten sind, wenn sie diesen Aspekt der Versorgung an Dritte delegieren. Zumal solche Dienstleistungen nur in Ballungsräumen rentabel sind. Auf dem Land wird sich so etwas nicht durchsetzen und widerspricht letztlich auch dem solidarischen Grundgedanken unseres Gesundheitssystems.

6. DiGAs
Apps auf Rezept sind längst Versorgungsalltag in Deutschland. Apotheken profitieren davon allenfalls mittelbar, wenn sie beispielswiese ihren Kunden, für die eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) in Frage kommt, darauf hinweisen. Nicht alle Patientengruppen sind jedoch in der Lage, sich DiGAs auf ihrem Smartphone selbst einzurichten. Die Apotheke als niedrigschwelliges Gesundheits-Kompetenzzentrum könnte hier – natürlich gegen angemessene Vergütung – beratend zur Seite stehen und die verordnete DiGA auf dem Handy der bedürftigen Patienten einrichten und in Betrieb nehmen. Da DiGAs wie Arzneimittel von Ärzten verordnet werden, passt auch das hervorragend zum apothekerlichen Versorgungsauftrag. Apotheken sollten sich dafür einsetzen, bei den DiGAs eine wichtigere Rolle einzunehmen, da dies nicht nur die Versorgung, sondern auch den Therapieerfolg insgesamt positiv beeinflussen kann.

Apotheken haben laut Gesetz eine wichtige Rolle. Die bereits vorhandenen Tools sind in der Lage, diese Rolle zu stärken und die Relevanz einer digitalen, empathischen und menschlichen Vor-Ort-Versorgung nachhaltig zu sichern. Dafür steht auch das Edikt von Cupertino.
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[…] quasi per Abonnement die Folgerezepte in meinem Auftrag beim Arzt nachzubestellen und sie mir dann mit seinem Botendienst nach Hause zu bringen. Ich stelle sogar die These auf, dass ich nicht der einzige bin, der bereit […]
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