Apps auf Rezept

In einem früheren Beitrag habe ich an dieser Stelle über Digitale Therapeutika geschrieben, also Tools, die digitale Technologien nutzen, um die Behandlung von physischen oder psychischen Erkrankungen zu begleiten oder zu unterstützen. Diese Programme sollen in aller Regel Verhaltensänderungen oder Änderungen des Lebensstils bewirken und somit das Behandlungsergebnis für Patienten positiv beeinflussen. Beispiele dafür gibt es wie Sand am Meer: von der Einnahmeerinnerung für Chroniker über die Diabetiker-App, die den Bluzuckerwert abfragt bis hin zu Anwendungen, die in Kombination mit Wearables Schlafphasen und Vitalwerte überwachen und auf dem Smartphone speichern. Das Feld dieser digitalen Gesundheitstools ist sehr groß – und sehr unübersichtlich.

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Zu viele Apps im Digitalisierungs-Dschungel können auch frustrierend sen

Am 19.12.2019 trat das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG) in Kraft. Und darin wurde der Gedanke von digitalen Therapeutika aufgegriffen und sogar weiter gesponnen: denn künftig können solche Apps, die auf Juristendeutsch „Digitale Gesundheits-Anwendungen“ oder kurz DiGA heißen, vom Arzt verschrieben werden. Die Kosten dafür trägt die gesetzliche Krankenversicherung. Voraussetzung für die Kostenübernahme ist der Nachweis des Herstellers, dass seine App die Versorgung der Patienten verbessert. Liegt dieser Nachweis vor, so wird die App vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Qualität, Datensicherheit und Datenschutz geprüft und, nach positivem Abschluss dieser Prüfung, ein Jahr lang von der GKV erstattet.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich Deutschland bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens nicht unbedingt als Pionier hervorgetan. Mit dem DVG, das in Digital-Health-Veröffentlichungen weltweit für große Aufmerksamkeit sorgte, wurde es zu einem Vorreiter – und zum ersten Land der Welt, in dem es Apps als Regelleistung auf Kosten der Krankenkasse gibt. Natürlich verging zwischen der Veröffentlichung des Gesetzes und der Aufnahme der ersten DiGAs in den Katalog des BfArM noch etwas Zeit – aber inzwischen haben Patienten mit den entsprechenden Indikationen die Auswahl aus vier Apps, deren Kosten von der Krankenkasse übernommen wird.

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Wie der Patient an seine DiGA kommt, steht in diesem Schaubild; Quelle: (C) BfArM

Warum ich denke, dass das für Ihre Apotheke wichtig ist? Die Apotheke ist ein Ort, den man ohne vorherige Terminvereinbarung für eine fundierte Gesundheitsberatung nahezu jederzeit aufsuchen kann. Da die Ware, die in Apotheken verkauft wird, vergleichbar ist, macht neben der empathischen, individuellen und persönlichen Beratung auch das zukunftsorientierte Eingehen auf Patientenbedürfnisse den Unterschied aus. Hier kann sich die Apotheke profilieren und positionieren. Also ist es wichtig, dass man neben Arzneimitteln auch andere, digitale Hilfsmittel kennt und benennen kann, insbesondere dann, wenn die Patienten diese erstattet bekommen. Auch gibt es immer mehr Patienten, die großes Mißtrauen gegenüber der Schulmedizin haben und gerne auf alternative Therapiewege mit geringeren Nebenwirkunden zurückgreifen. Auch diese Kundengruppe ist prädestiniert für DiGAs.

Noch gibt es, wie erwähnt, lediglich vier DiGAs – die kann man sich vermutlich merken. Aber es ist davon auszugehen, das schon bald mehr und mehr Apps in den Katalog des BfArM aufgenommen werden. Diese wird man irgendwann nicht mehr im Kopf behalten können. Deshalb ist die wichtigste Information an dieser Stelle das Verzeichnis, in dem Sie jederzeit die DiGAs nachschlagen können – mit allen relevanten Informationen wie den Plattformen, auf denen sie zum Download bereit stehen, den Indikationsgebieten, für sie geeignet sind und den sonstigen Informationen wie evtl. benötigter Zusatzgeräte oder verfügbarer Sprachen. Alle Leser, die diesen Text bis hierher gelesen haben, legen sich daher bitte jetzt den folgenden Link (der die amtliche Auflistung der erstattungsfähigen DiGAs enthält) in die Favoriten ihres Web-Browsers:

https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis

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Beim Verfassen dieses Textes gibt es DiGAs für folgende Anwendungsgebiete:

  • Tinnitus
  • Schlafstörungen (Insomnie)
  • Angststörungen und Phobien
  • Adipositas

Für die Apotheke der Zukunft sind derartige Informationen wichtig. Sie gehören zu einer guten Beratung dazu – auch wenn sie im ersten Schritt nicht unbedingt für Umsatz sorgen. Aber nichts spricht dagegen, im Rahmen einer guten Beratung auch noch therapiebegleitende Produkte aus der Selbstmedikation zu empfehlen. Gut beratene Kunden werden es hoffentlich durch Treue vergelten.