Kapitel 3: Wearables

Als Wearables bezeichnet man kleine Mobilgeräte, die direkt am Körper getragen werden und die permanent über integrierte Sensoren bestimmte Daten, wie zum Beispiel unseren Puls, die Anzahl der zurück gelegten Schritte oder unsere Schlafphasen, messen und übertragen können. Die meisten Wearables müssen mit einem Smartphone gekoppelt sein, um richtig zu funktionieren. Hieraus ergibt sich die Aufgabenteilung, wie sie sich heute etabliert hat: das Wearable erfasst Daten und stellt rudimentär einige Informationen dar; das Smartphone hat die Details und kann zur Konfiguration benutzt werden. Eines der bekanntesten Wearables, die Apple Watch, funktioniert beispielsweise nur im Zusammenspiel mit einem iPhone.

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Die Apple-Watch kann sogar das aktuelle Wetter in Montréal anzeigen

Die Anbieter lancieren Wearables meist als Lifestyle-Produkte. Die Apple Watch – vom Namen her also eine Uhr – rangiert zum Beispiel derzeit preislich oberhalb von € 500 und liegt somit nicht weit entfernt vom preislichen Segment der Luxusuhren. Die Fitness-Tracker von Jawbone sind nicht ganz so teuer, richten sich aber mit ihrem Design und der Markenaussage an Menschen, die ihre sportliche Leistung überwachen, dokumentieren und meist auch optimieren wollen. Sie sprechen also voll den Lifestyle der gesundheitsbewussten Menschen an, die als Zielgruppe auch für Apotheken äußerst interessant wären, weil sie bereit sind, in ihre Gesundheit zu investieren. Achten Sie also künftig stets drauf, ob der Kunde, der gerade vor Ihnen steht, ein Wearable trägt! Wenn ja, dann wissen Sie, dass ihm seine Gesundheit viel wert ist …

Noch näher die Bedürfnisse der zumindest vom Alter her klassischen Zielgruppe der Apotheken bedient die texanische Firma WiseWear. Sie produziert „smarten Schmuck“, also Wearables, die ein sehr hochwertiges Design haben und genauso gut als Stück aus der letzten Kollektion eines beliebigen namhaften Designers durchgehen würden. Mit ihrer über 90-jährigen Markenbotschafterin Iris Apfel spricht WiseWear dabei sogar selbst in ihrer Werbung direkt die Generation an, die sich eigentlich von der Digitalisierung überholt und links liegen gelassen fühlt. Als zusätzlichen und eigentlichen Haupt-Nutzen haben die adretten Schmuckstücke eine integrierten Funktion, über die ein Notruf-Signal inklusive der GPS-Daten (also die geographischen Daten, an denen sich das Gerät und somit höchstwahrscheinlich auch sein Träger befinden) absetzen kann – das bietet Sicherheit für eventuelle Notfälle und schafft – neben dem ästhetischen Aspekt – einen weiteren Anreiz auch für Angehörige dieser Generation, sich Schmuck von WiseWear zu kaufen.

Breakfast with WiseWear and Iris Apfel

Kataloge von WiseWear mit Markenbotschafterin Iris Apfel. Bild (c) WiseWear

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die von Google im Jahr 2014 vorgestellte smarte Kontaktlinse. Sie überwacht automatisch und in regelmäßigen Zeitintervallen den Glukosegehalt in der Tränenflüssigkeit und überträgt die Werte an eine App, wo Sie für den Diabetologen dokumentiert werden. Die für Diabetiker gesundheitlich kritischen Schwankungen im Blutzuckerspiegel können so besser überwacht und Gegenmaßnahmen schneller ergriffen werden. All das ohne invasive Eingriffe oder das lästige Stechen mit der Lancette in den Finger, um die Messung vorzunehmen.

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Die Kontaktlinse von Google. Bild (c) Google Inc.

Von dem Fitnessbekleidungshersteller Athos gibt es Trainingsanzüge mit integrierten smarten Sensoren. Diese messen die Beanspruchung der Muskeln sowie den Puls und übertragen die Daten an eine App. Dadurch können die Effizienz von Trainings und Work-Outs gesteigert und der Muskelkater minimiert werden. Dass dabei die Kleidungsstücke vom Design und der Funktionalität her für Fitness und Sport optimiert sind, ist dabei genauso nebensächlich wie selbstverständlich: wie in allen genannten Beispielen kennen die Hersteller ihre Zielgruppe bestens und bedienen diese in bisher unbekannter Perfektion!

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Beim Training mit Fitnessbekleidung von Athos wird die Muskelbelastung gemessen und auf dem Smartphone angezeigt. Bild (c) Athos/ MAD Apparel, Inc.

Auf einem Kongress im Februar 2017 habe ich erstmals von der Firma Biotronik gehört. Sie produziert Herzschrittmacher – also Wearables im weiteren Sinne – die täglich Kardialdaten messen und – über das Smartphone des Patienten über ein zentrales, abgesichertes Serversystem – an den zuständigen Arzt übermitteln. Sobald jedoch ein Kardiologe eine bestimmte Anzahl von Patienten mit diesen Geräten ausgestattet hat, wird es für ihn schwierig, die Übersicht zu behalten. Er kann sich ja nicht 1.000 automatisch generierte Berichte aufmerksam durchlesen. Daher wird bei den Berichten mit einem Ampelsystem gearbeitet: grün heißt, dass die Messwerte in einem unkritischen Bereich sind. Gelb bedarf der Aufmerksamkeit des Spezialisten und seiner Abwägung – und rot ist „off limits“, also in einem Bereich, der ein Eingreifen erfordert. Laut Hersteller konnte hier eine deutliche Verbesserung bei der präventiven Behandlung von sich anbahnenden Herzinfarkten und Gefäßverstopfungen erreicht und auch messbar gemacht werden.

Ärzte und Klinikpersonal
Home-Monitoring der vom Herzschrittmacher übermittelten Werte. Bild (c) BIOTRONIK

Das Potential von Wearables für alle Heilberufe scheint nahezu unendlich. Was spricht dagegen, in Zukunft Nanoroboter in die Blutbahn zu injizieren, damit diese auch noch den Blutdruck messen? Selbstverständlich wird auch das künstliche Hüftgelenk künftig die vom Besitzer der neuen Hüfte zurück gelegten Schritte zählen und diese Zahl dann an ein Smartphone übertragen. Und was ist mit der Messung des Insulinspiegels? Der Pegel bestimmter Hormone bei depressiven Patienten? Von dem bereits erwähnten drohenden Herzinfarkt oder sogar dem Krebs im Frühstadium ganz zu schweigen …

Die automatische Überwachung bestimmter Daten und vor allem Vitalparameter ermöglicht einen bisher nicht dagewesenen Grad an Sicherheit und lückenloser Dokumentation von gesundheitsrelevanten Daten. Und so wie der Herzschrittmacher noch vor 60 Jahren eine bahnbrechende aber seltene Innovation war, ist davon auszugehen, dass künftig noch mehr Kleidungsstücke, Accessoires und sogar Implantate mit Sensoren ausgestattet werden, die immer mehr Daten über uns sammeln werden. Daten sind ohnehin ein äußerst interessantes Thema … dazu aber später, in Teil 3, noch viel mehr …