Der äußerst zerstreute und vergessliche Professor, nennen wir ihn Kevin, feierte mit seiner Familie den 50. Geburtstag seiner Frau, als er plötzlich ein Stechen im Kopf spürte und das Bewusstsein verlor. Innerhalb kurzer Zeit kam ein Krankenwagen und er bekam schnell die notwendige medizinische Betreuung. In der Klinik konnte, unterstützt von auf Big-Data-Algorithmen basierender Künstlicher Intelligenz, schnell die Diagnose gestellt werden: ein epileptischer Grand-Mal-Anfall. Die Auswertung des EEGs ergab zudem, dass ein Rückfall ohne strikte Einhaltung der Medikation eine Wahrscheinlichkeit von über 75% hatte, was einen Verlust der Fahrerlaubnis von nicht-autonom fahrenden Fahrzeugen unweigerlich zur Folge gehabt hätte. Mit dem Entlassrezept ging Kevin zu seinem Apotheker, der sich daraufhin mit einem Gamification-Spezialisten über die nächsten Schritte beriet.

Der Gamification-Spezialist arbeitet am PC – in Abstimmung mit Leistungserbringern
Dem Apotheker schwebte vor, dass der Gamification-Spezialist eine Behandlung entwirft, die Kevin bei der Einhaltung seiner Therapie mit Hilfe eines strategischen Computerspiels unterstützt, damit er seine Fahrerlaubnis behalten darf. Kevin, ein großer Hundeliebhaber, musste in dem Spiel einen Hund züchten. Je regelmäßiger er seine Tabletten einnahm, desto regelmäßiger wurde der Golden Retriever, mit dem er in seiner VR-Brille zweimal am Tag herumtollte, gefüttert und desto lebendiger und vergnügter war das Tier. Vergaß er hingegen die Einnahme seiner Arzneimittel, war der Hund traurig und unmotiviert; und passierte dies zwei- oder mehrmals hintereinander, wurde der Hund im Spiel sogar krank.

Motivation für den zerstreuten Kevin, seine Tabletten nicht zu vergessen
Der Gamification-Experte nahm ein vorhandenes Spiel, das auf einem Trend aus Kevins Kindheit namens „Tamagotchi“ beruhte, und passte es geringfügig auf Kevins Bedürfnisse und Vorlieben an. Und da Kevin, wie gesagt, ein wahrer Hundenarr war und nur aufgrund der Allergie seiner Frau keinen echten Hund haben konnte, nahm er seine Tabletten regelmäßig ein und hatte nicht einen einzigen Rückfall seitdem.
Jetzt wäre ein guter Moment, um zu erwähnen, dass die Geschichte von Kevin nicht heute spielt, sondern im Jahr 2040. Kevin ist ein Kind der 90-er Jahre und mit den PlayStations und Xboxes der 2000-er Jahre aufgewachsen.
Worauf ich hinaus will: die Digitalisierung bedroht natürlich auch ganze Berufszweige im Gesundheitswesen. Aber das haben neue Technologien schon immer getan. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts protestierten weltweit Kutscher gegen Automobile – aber ihre Kinder erkannten die Riesenchance dieser Innovation und gründeten die ersten Taxiunternehmen. Wer wollen Sie sein? Kutscher oder Taxifahrer?

Innenstädte haben sich gewandelt – und Berufsbilder mit ihnen
Der Gamification-Spezialist ist hierbei ein stellvertretendes Beispiel dafür, welche neuen Berufe es im Gesundheitswesen künftig geben könnte. Viele davon können wir uns heute noch gar nicht vorstellen. Und wie viele Kinder und Jugendliche lassen sich denn inzwischen zur Mithilfe im Haushalt oder zur Übernahme ungeliebter Tätigkeiten motivieren, wenn sie dafür eine halbe Stunde länger Computer spielen dürfen? Meinen Sie, dass diese Prägung mit Eintritt ins Erwachsenenalter einfach so verschwindet? Die Kinder der 90-er Jahre sind jedenfalls inzwischen alle erwachsen.
Es gibt viele Wege, wie die Gamification die Förderung und Erhaltung der Gesundheit verbessern kann. Und das nicht erst in 20 Jahren. Kennen Sie „Plant Nanny“, die App, die Sie daran erinnert, tagsüber genügend Wasser zu trinken, indem Sie eine virtuelle Pflanze auf Ihrem Smartphone mit dem von Ihnen getrunkene Wasser „gießen“? Trinken Sie zu wenig, verdorrt die Pflanze. Oder die ganzen Fitness-Wearables, die ihre Anwender zur Fitness erziehen, indem man seine Trainings mit Freunden teilen kann. Und da möchte natürlich keiner ganz unten in der Tabelle stehen.
Was Ihnen heute wie Spinnerei vorkommt, kann Teil einer Lösung für die komplexen Herausforderungen der Zukunft sein. Im Zusammenspiel mit virtueller Realität oder am Körper angebrachten Sensoren (man denke nur an Physiotherapie oder Reha), könnten Gamification-Spezialisten komplette Spiele personalisieren, um jedem Patienten einen Therapieplan maßzuschneidern, der diesen obendrein auch noch Spaß machen würde.
Sind wir nicht irgendwie alle ein wenig wie Kevin … ?
[…] dann Arzneimittel mit dem Logo ihres Lieblings-Fussballvereins. Es geht einfach nichts über gute Anreizsysteme […]
LikeLike
[…] auf welche Anreize zur Einnahme der Patient positiv reagiert und diese bevorzugt einsetzen, um die Adhärenz zu […]
LikeLike
[…] Adhärenz. KI wird die für das nicht abgestimmte Absetzen von Arzneimitteln und somit den ungewollten Abbruch von Therapien typischen Verhaltensmuster immer besser kennenlernen. Sobald sie ein solches Verhalten sicher identifiziert, kann sie den Arzt oder Apotheker informieren. Vor allem Letzterer wird seine Rolle als Heilberufler durch eben diese Unterstützung von Computern besser ausüben können als jemals zuvor. Und mit Sicherheit wird es auch Tools oder Apps geben, die mit Hilfe von KI lernen, auf welche Anreize der Patient reagiert, und ihn dadurch zu therapietreuem Verhalten steuern. […]
LikeLike
[…] offenbar macht auch bei Computerspielen die Dosis das Gift. Die Pharmazeutische Zeitung berichtete im Januar diesen Jahres darüber, dass […]
LikeLike
[…] Insulin spritzten und so einen konstanten Glucosewert im Normbereich einhalten konnten, konnten sie in der App Fantasiemonster, sogenannte Pokémons, fangen und untereinander austauschen. Und auch die Tabletten […]
LikeLike
[…] an – so auch in dieser App. Dabei bedient sie sich den Mechanismen der sog. „Gamification.“ Dabei werden Elemente, die für Spiele typisch sind, in einem spielfremden Kontext eingesetzt. […]
LikeLike
Verry nice blog you have here
LikeLike
[…] im Gesundheitswesen wird es neue Berufe, ja komplett neue Berufszweige geben. Vieles davon zeichnet sich bereits seit einigen Jahren ab. […]
LikeLike