Digitalisierung, das wissen wir, hat vor allem mit Kommunikation zu tun; mit der eigenen Einstellung gegenüber dem kontinuierlichen Wandel, mit der Fähigkeit, sich auf neue Rahmenbedingungen einzulassen und die darin liegenden Chancen zu nutzen. Technologie ist zwar das Wekzeug hierfür – aber für sich alleine nur ein „stumpfes Schwert,“ das ohne flankierende Maßnahmen wenig bis gar nichts bewirken kann. Auf Neudeutsch könnte man auch sagen, dass Technologie der „Enabler“ für den digitalen Wandel ist. Manchmal gibt es jedoch technische Innovationen, die so naheliegend sind, dass man sich mitunter fragt, wieso bis jetzt noch niemand darauf gekommen ist.
Was halten Sie beispielsweise von der Idee, dass Apotheken mit einem Roboter zusammen arbeiten könnten? Kommissionierautomaten sind hiervon natürlich ausgenommen. Dumme Idee? Ja, dachte ich bis vor Kurzem auch. Es sei denn … nun, es sei denn, der Roboter könnte Aufgaben der Apotheke übernehmen, ohne den Apotheken dadurch die Einkommensgrundlage zu entziehen. Ein solcher Roboter könnte zum Beispiel:
- Die Patienten an die Einnahme ihrer Medikamente erinnern,
- Dies am besten mit interaktiver Sprachsteuerung – aber natürlich nicht Alexa, Cortana, Google oder Siri! Wir wollen den GAFAs nicht noch mehr Daten spendieren, als diese ohnehin schon von uns haben …
- Die aktuell fällige Dosis direkt in ein Ausgabefach dispensieren
- Für den Fall, dass diese Dosis nicht innerhalb einer bestimmten Zeitspanne aus dem Ausgabefach entfernt, also mit Gewissheit nicht eingenommen wird, einen Angehörigen informieren
- Neue Tabletten rechtzeitig und komplett autonom bei der versorgenden Apotheke nachbestellen
- Sicherstellen, dass auch nur der registrierte Patient Arzneimittel dispensiert bekommen kann; zum Beispiel über eine Kamera und Gesichtserkennung
- Lernen, auf welche Anreize zur Einnahme der Patient positiv reagiert und diese bevorzugt einsetzen, um die Adhärenz zu fördern
- Über eine Smartphone-App den Füllstand des Roboters und die Therapietreue des Patienten anzeigen (sowohl für den Patienten selbst als auch für von ihm freigegebene Kontakte/ Angehörige)
- Telemedizinische Konsultationen durch eine eingebaute Kamera und einen Monitor ermöglichen
- Dabei aber nicht mehr Platz benötigen als eine normal große Kaffeemaschine
- Und, ist zwar selbstredend, aber der Vollständigkeit zuliebe schreib ich’s trotzdem: so ein Roboter muss einfach und intuitiv zu bedienen sein!
Gibt’s nicht? Doch! In den USA hat Black & Decker unter dem Namen „Pria“ einen solchen Roboter auf den Markt gebracht. Es basiert auf einer Plattform von Pillo Health, einem Unternehmen, das erst 2016 gegründet wurde und welches sowohl die Hardware – also den Roboter selbst – als auch die darunter liegende Software entwickelt und vertreibt. Als sog. „white-label“-Lösung können Drittunternehmen den Pillo-Roboter mit eigenem Design versehen und unter Lizenz selbst vertreiben.

Das ist Pria | Image courtesy of Pria by BLACK+DECKER.
Natürlich, es könnte eng werden in Pria, wenn ein Patient mehr als 8 Medikamente gleichzeitig einnehmen muss. Wenn neben den Tabletten auch Flüssigkeiten verordnet sind. Dass jedoch eine Innovation auf Anhieb 100% der Anwendungsfälle abdeckt, wäre schon eine ziemliche Ausnahme. Was mir bei meiner eigenen Bewertung von Neuheiten im Bereich der digitalen Gesundheit stets hilft: darüber nachzudenken, wie es denn für mich wäre, wenn ich diese Lösung einsetzen würde?
Also stelle ich mir für den Pillenroboter vor, wie einfach es in Zukunft sein wird, auch im fortgeschrittenen Alter gesund und fit zu bleiben: die Apotheke schickt mir, natürlich gegen eine Abo- oder Servicegebühr wie bei Amazon Prime, Netflix oder Spotifiy, die befüllten Dispenser für meinen Pria Roboter. Abgerechnet werden diese mit der Krankenkasse; die Rezepte werden bis dahin selbst in Deutschland elektronisch und ohne mein Eingreifen zwischen Arzt, Apotheke und Krankenkasse hin- und hergeschickt. Pria wiederum erinnert mich freundlich (und laut und deutlich, ich bin ja jetzt schon schwerhörig … angeblich) an meine Tabletteneinnahme. Sollte ich unterwegs sein, kommt eine Nachricht auf meinem Smartphone, damit ich die Pillen auch auf gar keinen Fall vergesse, sobald ich ins Hotel oder nach Hause zurück kehre. Die Tabletten selbst gibt der Roboter nur frei, wenn ich mich mit Gesichtserkennung identifiziert habe. Habe ich eine Frage zur Tabletteneinnahme, so verbindet Pillo mich mit meiner Apotheke – die Vergütung hierfür erfolgt analog zum Nacht- und Notdienstfonds. Und wenn ich einmal über zwei Einnahmezeitpunkte das Ausgabefach nicht geleert habe, werden meine Angehörigen informiert. Denn dann scheint ja etwas nicht zu stimmen …

Pillenroboter Pria portioniert stets bedarfsgerecht
Auch für die versorgende Apotheke hat diese Vorstellung viele Vorteile. Zum einen bleibt die Apotheke erste Anlaufstelle für die Beratung, vor allem bei einer Erstverordnung. Diese Beratung kann vor Ort in der Offizin erfolgen – oder per Video. Sämtliche Informationen – Daten! – laufen nach wie vor bei der Apotheke zusammen, wodurch eine umfassende Beratung, bzw. ein modernes Gesundheits-Coaching, möglich ist. Und wenn die Dispenser für die Tabletten nur in der Apotheke bestellt werden können – nun, dann hat man das Nespresso-Prinzip perfekt auf die Apotheke adaptiert.
Pillpack, das Amazon im Jahr 2018 für gut eine Milliarde Dollar übernommen hat, wirkt dadurch irgendwie von gestern. Pillo/ Pria ist der designierte Nachfolger und überzeugt (mich) vor allem durch die zusätzlichen Features, die für mehr Komfort und Sicherheit sorgen. Zeit also, diesen Pillenroboter auch in Deutschland näher kennenzulernen!
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[…] die Lösung des Unternehmens fand ich durchaus ansprechend – immerhin habe ich über eine ähnliche, aber weniger ausgereifte und weniger spezifische Lösung schon einmal geschrieben. Warum vertiefen wir das Gespräch also nicht auch an dieser Stelle in […]
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[…] optimal berücksichtig werden. Aber so richtig rund wird der Prozess der Einnahme erst mit Dispensierern, die zum richtigen Zeitpunkt das richtige Arzneimittel ausgeben und den Patienten darauf hinweisen, […]
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[…] gibt es Pillendöschen inzwischen auch halb-digital, worüber ich in diesem hier verlinkten Artikel berichtet habe. Bei diesem Gerät werden sogar Pflegekräfte und/ oder Angehörige automatisch informiert, wenn die […]
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[…] Überblick – wenn nicht sogar den einzig vollständigen – darüber, was die zu Pflegenden alles so an Arzneimitteln einnehmen. Je älter die Menschen werden, umso mehr Arzneimittel nehmen sie zu sich. Werden sie dann […]
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