E-Mails als Stressfaktor

Eine der tollste Errungenschaften der Digitalisierung sind zweifelsohne E-Mails. Im Geschäft kann man sich so auf dem Laufenden halten und privat den Kontakt zu entfernt lebenden Bekannten und Verwandten halten. Vorbei sind die Zeiten, in denen man für eine einfache Terminabsprache fünfzehn Anrufe benötigte und auch unangenehme Themen lassen sich in wohlformulierten Worten per Mail einfacher rüber bringen.

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Ist das alles wirklich so? Oder sind gerade die prekären Themen diejenigen, für die das Medium E-Mail nicht geeignet ist. Immerhin sieht der Absender einer Mail nicht die Reaktion des Empfängers. Insbesondere heikle Angelegenheiten machen häufig sofortiges Eingreifen oder gar Einlenken notwendig, falls eine ohnehin schon angespannte Situation durch ein falsches Wort noch mehr zu eskalieren droht. Und was Terminabsprachen betrifft: klar, der Aufwand mag ein anderer sein – aber er ist noch da. Je mehr Teilnehmer für einen Termin benötigt werden, umso komplexer wird die Organisation und die Suche nach der zeitlichen Verfügbarkeit aller Beteiligten. Das ist reine Mathematik. Lediglich das Medium wechselt – vom stets synchron zu führenden Telefongespräch hin zum E-Mail-Verkehr, der auch asynchron gut funktioniert. Denn auch wenn Antworten auf E-Mails grundsätzlich schnell erwartet werden, so gibt es doch Toleranzwerte, innerhalb derer man sich mit einer Antwort Zeit lassen kann, ohne gleich ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.

Die Folge jedoch sind E-Mail-Postfächer, die chronisch überquellen. In roter Signalfarbe werden auf dem Smartphone die ungelesenen Nachrichten im Posteingang angezeigt und mit zunehmender Anzahl steigt auch der Stress. Es könnte ja etwas wichtiges dabei sein – und das darf auf gar keinen Fall verpasst werden! Inzwischen wird sogar mit Künstlicher Intelligenz daran geforscht, anhand von E-Mails zu erkennen wie hoch das Burn-Out-Risiko des Absenders ist. Dabei muss man noch nicht einmal den Inhalt der Mails lesen. Parameter wie die Hierarchieebene des Absenders, die Uhrzeit, zu denen Mails verschickt werden und die Antwortzeit zwischen Eingang einer Nachricht und der Antwort darauf haben dem System inzwischen zu einer Treffergenauigkeit von 84 Prozent verholfen.

Auch Ansätze für Lösungen gibt es. Nicht bewährt hat sich dabei übrigens das häufig gut gemeinte Verbot, ab einer bestimmten Uhrzeit Mails zu versenden. Insbesondere in Zeiten wie jetzt, in denen viele Menschen im Homeoffice Beruf und Familie unter einen Hut bringen müssen, nehmen sich viele abends die Zeit, untertags liegen gebliebene Aufgaben aufzuarbeiten und auf Mails zu antworten. Keiner dieser Absender erwartet eine sofortige Rückmeldung, sondern möchte nur einen „aufgeräumten Arbeitsplatz“ am nächsten Morgen haben.

Auch Apotheken kommunizieren mit ihren Geschäftspartnern immer mehr per E-Mail. Da es aber wohl keine für alle Branchen allgemeingültigen Rezepte gegen E-Mail-Stress gibt, so teile ich gerne hier meine Erfolgsrezepte gegen E-Mails als Stressfaktor in meinem Leben:

  1. Der Griff zum Telefon
    Es gibt Themen – Stichwort „synchrone Gesprächsführung“ – die sich am Telefon einfach besser erledigen lassen als per Mail. Insbesondere dann, wenn die spontane Reaktion des Gesprächspartners relevant ist, greife ich lieber zum Telefon als zur E-Mail. Terminvereinbarungen mit nur einer Person oder Diskussionen, die mehr in die Tiefe gehen sollten, bei denen aber Missverständnisse nicht auszuschließen sind, erledigte ich bevorzugt am Telefon.
  2. E-Mails auf dem Smartphone nicht automatisch anzeigen
    Damit mir meine ungelesenen Nachrichten auf meinem Smartphone bzw. Tablet angezeigt werden müssen, muss ich sie aktiv abrufen. Das kann man in den Einstellungen festlegen, bei mir unter iOS habe ich vor allem die Push-Funktion deaktiviert. Diese sorgt dafür, dass neue Nachrichten bei Vorliegen direkt an meine Endgeräte weiter geleitet werden. Natürlich liegen die Nachrichten auch auf dem Server, wenn mir das nicht angezeigt wird. Aber zumindest muss ich mich nicht fragen, ob das jetzt dringend ist oder doch nur Spam.
  3. Newsletter abbestellen
    In den ersten Monaten des Jahres 2021 habe ich auf allen meinen Mail-Accounts sämtliche Newsletter abbestellt, die mich nicht interessieren. Das waren fast alle. Meine tägliche Mailflut konnte ich so spürbar reduzieren. Denn auch bei einem Newsletter, den ich nicht lese, muss ich im Posteingang stets überlegen, ob ich ihnlöschen kann oder nicht. Die Zeit verwende ich lieber produktiv.
  4. Mit Postfächern arbeiten
    Schon seit vielen Jahren habe ich ein Extra-Postfach angelegt, in das ich per Regel automatisch alle Mails einsortiere, die ich nur in Kopie (also Cc. oder Bcc.) bekomme. Der Hintergrund ist einfach: insbesondere im Umfeld großer Unternehmen werden gerne mehr Leute in Kopie genommen als notwendig. Das ist überwiegend gut gemeint und dient der gezielten Verbreitung mehr oder weniger relevanter Informationen. Meistens bedeutet Cc. daher auch nur „zur Kenntnis.“ Da ich diese Mails in einem separaten Ordner sammle, werden sie mir einerseits nicht bei den offenen Nachrichten angezeigt. Andererseits habe ich sie so gesammelt an einem Ort und kann selbst entscheiden, wann ich mir die Zeit zur Kenntnisnahme nehme. Das reduziert meinen eigenen Stress ganz gewaltig.
  5. Vorbild sein
    Wie oft habe ich abends oder am Wochenende noch die Mails gecheckt. Hauptsache, auf dem Laufenden sein. Oft war nichts Relevantes im Posteingang. Gelegentlich etwas, das mich geärgert und beschäftigt und ganz selten sogar den Schlaf geraubt hat. Und es gab sogar schon E-Mail-Verkehr mit Kollegen am Wochenende. Der eine fängt an, der andere antwortet und schon hat man das berüchtigte E-Mail-Ping-Pong. An dessen Ende investieren beide viel Zeit – aber erreichen nichts, weil der Entscheider eh erst am Montag wieder erreichbar ist. Das Lesen von Mails in der Freizeit kann ich mir nach wie vor nicht immer verkneifen. Aber geantwortet wird kategorisch erst am nächsten Arbeitstag – dann habe ich weniger Stress … und im Zweifel mein Gesprächspartner ebenfalls

Welche Mechanismen nutzen Sie, um die E-Mail-Flut in Ihrem Postfach Herr zu werden? Gibt es weitere Tipps und Tricks, die Sie kennen und erfolgreich nutzen? Dann freu ich mich auf Ihren Kommentar zu diesem Beitrag!