Wie kann die Apotheke ihr Arbeitsumfeld mit digitalen Tools optimieren?

Die pharmazeutische Betreuung von Menschen ist für viele, die in einer Apotheke arbeiten, nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung. Dafür werden lange, überwiegend im Stehen zugebrachte Arbeitszeiten ebenso hingenommen, wie der immer größer werdende Verwaltungsaufwand in der Apotheke oder der anstrengende und langwierige Weg, bis jemand nach einem Pharmaziestudium oder der PTA-Schule zum ersten Mal überhaupt ein Arzneimittel an Patienten abgeben darf. Nun wirkt sich aber das berufliche Umfeld maßgeblich auf die allgemeine Zufriedenheit einer Person aus. Gerade in der Apotheke ist es umso wichtiger, dass diese Zufriedenheit möglichst hoch ist. Immerhin geht es bei jedem Kundenkontakt um die Gesundheit des Gegenübers. Das ist ein sehr hohes Gut, welches im schlimmsten Fall – bei falscher oder schlechter Beratung – sogar in Gefahr geraten kann. Volle Aufmerksamkeit, aktuelles Wissen, höchste Konzentration sowie die Fähigkeit, schnell und gleichzeitig mit Bedacht entscheiden zu können, sind also von allen gefordert, die in der Apotheke ihrem Beruf oder ihrer Berufung nachgehen. Das Arbeitsumfeld in der Apotheke sollte folglich so gestaltet sein, dass diese Eigenschaften gefördert und unterstützt werden. Insbesondere die Inhaber, aber häufig auch die engagierten Mitarbeiter, verbringen häufig 40-60 Stunden pro Woche und mehr in der Apotheke. Also werfen wir heute einen Blick auf zwei digitale Handlungsfelder, die sehr hilfreich sind für den Aufbau oder den Erhalt eines optimalen Arbeitsumfelds in der Apotheke.

1. Digitale Kommunikation und Sichtbarkeit

In meinem Berufsalltag kommuniziere ich seit vielen Jahren überwiegend per E-Mail. Wie die meisten Arten der digitalen Kommunikation zeichnen sich E-Mails durch eine Asynchronität aus – anders, als beispielsweise am Telefon, wo man stets spontan und unmittelbar reagieren muss, kann man bei asynchroner Kommunikation immer dann antworten, wenn man Zeit hat, sich mit der Anfrage auch in der gebotenen Intensität auseinanderzusetzen. Häufig kann man sogar die meisten relevanten Informationen zu einem bestimmten Thema per E-Mail austauschen. Je nach Komplexität oder auch Dringlichkeit ist dann natürlich der Griff zum Telefon oder ein persönliches Treffen irgendwann nicht ersetzbar. Aber selbst dann steigt man mit einem gewissen Wissensstand ins Gespräch ein und startet nicht bei Null.

Apotheke Digitalisierung Arbeitsumfeld Work Life E-Mail Mail Kommunikation

Natürlich können auch Apotheken über digitale Kommunikation sowohl untereinander – man denke an Newsletter von Kammern, Verbänden, etc. – als auch mit ihren Kunden sprechen. Wobei sensible Daten niemals unverschlüsselt ausgetauscht werden sollten – und E-Mails oder Messenger-Dienste wie WhatsApp als Kommunikationsmittel sind in etwa so sicher verschlüsselt wie eine Postkarte. Deswegen ist auch der Aufbau einer für Außenstehende sicher kompliziert wirkenden Telematik-Infrastruktur (TI) alleine schon aus Sicherheitsaspekten absolut sinnvoll.

Beim Stichwort TI denken Apotheken vermutlich als erstes ans E-Rezept. Unabhängig davon, wann es nun tatsächlich eingeführt wird, so ist auch das E-Rezept eine Form der digitalen Kommunikation mit den Kunden. Es enthält strukturierte Daten (diese Struktur ist sogar gesetzlich geregelt, in § 2 der Arzneimittelverschreibungsverodnung, kurz AMVV) und dient so u.a. einem zielgerichteten, sicheren und effizienten Austausch zwischen Apotheke, Arzt und Patient.

Daneben gibt es aber viele weitere digitale Dienste für die Kommunikation zwischen Apotheken und Kunden. E-Commerce-Lösungen und Plattformen beispielsweise zielen, genau wie das E-Rezept, auf das Zustandekommen von Transaktionen. Und diese Transaktionen, also der Verkauf von Arzneimitteln und apothekenüblicher Ware, sind bis zum Zustandekommen einer Vergütungsregelung für pharmazeutische Dienstleistung die maßgebliche Einnahmequelle für Apotheken.

Apotheke Digitalisierung Patient Journey

Um die Vorteile der asynchronen, digitalen Kommunikation nutzen zu können, müssen Apotheken vor allem digital sichtbar sein. Wer digital nicht auffindbar ist, kann auch nicht digital kontaktiert werden. In der Regel suchen die meisten Menschen zuerst auf ihrem Smartphone nach Informationen aller Art. Dazu gehören auch Fragen rund um das Thema Gesundheit, wozu letztlich Apotheken auch zählen. Was man nicht weiß, wird gegoogelt. Also zum Beispiel, wo sich die nächstgelegene Apotheke befindet. Somit ist es für jede Apotheke von enormer Wichtigkeit, einen Platz auf dem Smartphone ihrer Kunden zu bekommen. Dann sind sie nämlich in der Hosen- oder Handtasche ihrer Stammkunden stets dabei und werden gefunden, wenn es darauf ankommt. Der Platz auf dem Handy wird der wichtigste Platz für die Apotheken in den nächsten Jahren. Diesen Platz kann sie sich über eine eigene digitale Präsenz aufbauen. Unverzichtbar dafür ist auf jeden Fall eine eigene, möglichst individuelle und intuitiv bedienbare Apothekenhomepage. Das ist die Pflicht. Die Kür ist beispielsweise ein eigener Shop oder eine eigene Click & Collect-Lösung. Auch einer Apothekenplattform können sich Apotheken anschließen. Grundsätzlich sollten Apotheken beide Wege wohlwollend prüfen und im Idealfall auch beide verfolgen. Auch ein sympathischer Auftritt auf Social Media ist für Apotheken nie verkehrt. Letzteres ist vom Zeitaufwand her überschaubar, kann auch an Teammitglieder mit einem Faible hierzu delegiert werden und sorgt ebenfalls für Wahrnehmbarkeit. Zusätzlich sollte jede Apotheke die eigene Auffindbarkeit auf Google stets im Auge behalten. Mit Tools wie Google MyBusiness lässt sich der eigene Auftritt auf Google optimieren, beispielsweise indem man Bilder der Apotheke hinzufügt oder für Kunden wichtige Informationen wie Kontaktinformationen oder Öffnungszeiten hinterlegt.

Im Hintergrund sollten parallel zur zunehmenden digitalen Sichtbarkeit die internen Prozesse auf digital eingehende Anfragen und Bestellungen geübt werden. Spätestens dann, wenn die Mehrzahl der Verordnungen als E-Rezepte eintreffen werden, werden sich bis dahin geübte und optimierte Abläufe für Online-Anfragen auszahlen. Kunden, die digital in die Apotheke kommen, sollten mindestens genauso gut bedient werden, wie Kunden, die in der Offizin stehen. Unterstützen kann dabei Kollaborationssoftware wie apocollect, PULSE oder weitere Anbieter, deren Tools die Kommunikation im Team digital unterstützen und fördern.

Mit genügend Übung lassen sich dann die eigenen Angebote sogar in Richtung Telepharmazie ausbauen. Spätestens, wenn klar ist, welche pharmazeutischen Dienstleistungen wie vergütet werden, könnte das sogar ein weiteres kommerzielles Standbein für Apotheken werden. Eines, das nicht mehr von den reinen Transaktionen mit Arzneimitteln abhängig ist und dennoch die Versorgungsqualität erhöht.

Apotheke Digitalisierung Telepharmazie Telemedizin

Zur Kommunikation gehört schließlich auch der Austausch mit anderen Leistungserbringern, beispielsweise Ärzten, zu Themen, die Patienten betreffen. Für strukturierte Daten wie Befunde, Diagnosen oder Medikationspläne wird es hierfür zeitnah den Dienst „KIM (Kommunikation im Medizinwesen)“ innerhalb der TI geben. Die Idee ist gut und der Bedarf sicherlich vorhanden. „Übung macht den Meister“ gilt auch bei KIM; nur, wer einen solchen Dienst regelmäßig nutzt, wird auch in der Lage sein, Nutzen für sich und seine Kunden daraus zu ziehen. Die Chance, die eigene Apotheke mit Hilfe von KIM als erste Anlaufstelle bei allen Gesundheitsfragen zu positionieren und so auch Kundenbindung zu betreiben ist jedenfalls sehr offensichtlich.

2. Abläufe automatisieren und Prozesse optimieren

Neben der digitalen Kommunikation, die zu Beginn häufig als Mehraufwand empfunden wird, bevor dann die Entlastung spürbar ist, sollte daher ein weiterer Aspekt für optimale Arbeitsbedingungen ebenfalls in Betracht gezogen werden: die Automatisierung von Abläufen und die digitale Unterstützung bei der kontinuierlichen Verbesserung des eigenen Geschäfts.

Zu viel Bürokratie wird neben dem Mangel an qualifizierten Mitarbeitern seit Jahren als größter Schmerzpunkt von Apothekeninhabern erwähnt. In vielen Fällen sind die Bürokratie begründenden Pflichten, beispielsweise zur Dokumentation von Betäubungsmitteln oder der Aufbewahrung von Rechnungen, aus Gründen der Patientensicherheit sinnvoll oder schlicht und einfach steuerrechtlich unvermeidlich. Also sollte man schauen, welche Arbeitsabläufe ganz oder teilweise automatisiert werden können. Statt den Handverkauf zu verlassen und im Backoffice Schubladen zu ziehen kann beispielsweise ein Kommissionierautomat die Waren an die Kasse liefern. Das Bestücken der Sichtwahl kann mit großen LED-Monitoren ebenfalls digital erfolgen – und auf Knopfdruck angepasst werden. Mit den entsprechenden Schnittstellen können aufbewahrungspflichte Dokumente vollautomatisch in ein Dokumenten-Management-System (DMS) übergeben werden, wo sie dann digital archiviert und mit Schlagworten versehen werden. Letztere fördern die schnelle Auffindbarkeit von Dokumenten. Da die qualifizierte elektronische Signatur (QES) der eigenhändigen rechtlich gleich gestellt ist, kann durch ein gut implementiertes DMS auch der Akten- und Papierberg in den Apotheken deutlich reduziert werden. Jedoch ist auch ein DMS ein komplexes Computersystem, dessen Einführung gut geplant und vorbereitet sein wird. Der Effekt wird nicht am ersten Tag spürbar sein – aber nach wenigen Wochen schon wird es niemand im Team der Apotheke mehr missen wollen. Und wie interessant wäre wohl eine solche moderne Apotheke, in der kaum noch schnöde Tätigkeiten auszuführen sind, für neue Mitarbeiter? Und wie fänden es wohl die Kunden, wenn ihnen das pharmazeutische Personal mehr Zeit und Aufmerksamkeit schenken würde?

Apotheke Digitalisierung Kundenbindung Zufriedenheit Arbeitsplatz Automatisierung

Daneben lassen sich aber digitale Tools auch bestens einsetzen, um das Einkaufserlebnis der Kunden zu optimieren. So kann man beispielsweise mithilfe von die Augenbewegungen erfassenden Eytrackern messen, welche Punkte in der Apotheke von den Kunden bevorzugt angeschaut werden und welche übersehen werden. So lange dabei keine personenbezogenen Daten erhoben werden, sondern nur Metadaten, ist das auch datenschutzkonform. Andere aus Marketingsicht interessante Daten lassen sich aus den Mobiltelefonen der Nutzer auslesen. Mit dem „Media-Access-Code,“ auch als MAC-Adresse bekannt, hat jedes Gerät einen eindeutigen Identifikator. Dieser kann von entsprechenden Sensoren ausgelesen werden, die an bestimmten Wegpunkten in der Apotheke oder vor dem Schaufenster positioniert werden. Auch dadurch kann man wunderbar messen, wie lange die Smartphones samt ihren Benutern an bestimmten Stellen verweilen und worüber, im wahrsten Sinne des Wortes, hinweggegangen wird. Daraus lassen sich sog. „Heatmaps“ erstellen, mit denen man die so erhobenen Daten auch visualisieren kann. In jedem Geschäft mit Verkaufsfläche gibt es „heiße“ und „kalte“ Zonen. Richtet man das Sortiment darauf aus und stellt Ware mit hoher Marge in die heißen Zonen, kann man so aus den Daten das eigene Geschäft nochmal optimieren. Nachhaltig sind solche Systeme ebenfalls, da Artikel, die gar nicht verkäuflich sind, schnell identifiziert und ausgelistet werden können. Hierin liegt ein Beitrag zur Müllvermeidung durch konsequente Sortimentsanpassung.

In eine ähnliche Richtung zielen Tools, mit denen man automatisiert die Preise der Apotheke optimieren kann. Durch eine geschickte und datenbasierte Kombinationen aus Preisreduzierungen und Preiserhöhungen kann der Rohertrag der Apotheke nachhaltig verbessert werden. Richtig eingesetzt lässt sich schließlich auch mit der Apothekenwarenwirtschaft Geld sparen und die Umwelt schonen.

Natürlich konnte das Potpourri an digitalen Tools, mit denen man in der eigenen Apotheke das Arbeitsumfeld optimieren kann, hier nur angeschnitten werden. Dennoch hoffe ich, den ein oder anderen Impuls gesetzt zu haben, den Sie und Ihr Team mitnehmen und vertiefen können, um dadurch die alltägliche Arbeit Stück für Stück ein wenig angenehmer zu gestalten.