Nachhaltig wirtschaften mit der Warenwirtschaft

Egal in welcher Branche – Warenwirtschaftssysteme werden ganz allgemein für die EDV-gestützte Steuerung des Warenverkehrs eingesetzt. In der Apotheke sind sie deutlich mehr als nur das administrative Rückgrat des Betriebes. Kunden-, Lager- und Verkaufsdaten werden dort ebenso erfasst wie alle relevanten Buchungen. Die überwiegende Mehrheit der Apotheken in Deutschland setzt dabei sog. Point-of-Sale (POS)-Systeme ein, die stets den kompletten aktuellen Warenbestand im Blick haben und unter Berücksichtigung historischer Bestell- bzw. Abverkaufsdaten sehr akkurate Bedarfsprognosen und Bestellvorschläge erstellen. Nutzt man das volle Potential der Warenwirtschaft in der Apotheke, so lassen sich die meisten Abläufe automatisieren und digital steuern. Das entlastet nicht nur das Team von administrativen und meist eher drögen Aufgaben, sondern kann obendrein auch noch die Umwelt schonen und die Kosten reduzieren.

Deswegen blicken wir heute einmal nicht in die Zukunft dessen, was die Digitalisierung den Apotheken irgendwann bringen wird (oder auch nicht), sondern schauen, welche digitalen Tools zum nachhaltigen Wirtschaften es heute bereits in der Warenwirtschaft gibt.

1. Schnittstellen in Buchhaltungsprogramme

Steuerlich relevant sind vor allem betriebliche Einnahmen und Ausgaben. Egal, ob es um die Einzelrechnungen vom Großhandel oder diejenigen für Lieferungen direkt vom Hersteller geht, stets wird die gelieferte Ware in der Warenwirtschaft eingebucht und dabei sowohl von der Liefermenge als auch vom Rechnungsbetrag abgeglichen. Nur so kann das System rechtzeitig nachbestellen und können auch die Verkaufspreise korrekt kalkuliert werden. Die Warenwirtschaft spielt natürlich auch eine wesentliche Rolle bei den Einnahmen – den Abverkäufen. Schließlich sind in ihr sämtliche Artikel samt Verkaufspreisen sowie auch viele Kunden mit ihren eventuellen Sonderkonditionen hinterlegt. Auch die jeweilige Zahlungsart, mit Bargeld oder die unterschiedlichen Varianten bargeldlosen Zahlens, wird bei jedem Vorgang bereits erfasst. Selbst Rechnungen an bestimmte Kunden oder Kundengruppen können aus der Warenwirtschaft heraus erstellt werden.

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Somit sind sämtliche Buchungen, die Warenbewegungen betreffen, ohnehin bereits als Daten in der Warenwirtschaft hinterlegt. Diese Daten können bei den meisten Apotheken-Warenwirtschaftssystemen über eine Schnittstelle in die gängigen Finanzbuchhaltungsprogramme exportiert werden. Auch wenn es eine Vielzahl an Buchhaltungs-Programmen gibt, hat sich dafür als quasi Gattungsbegriff „DATEV-Schnittstelle“ etabliert. Beim Einrichten dieser Schnittstelle werden die korrespondierenden Konten für alle Buchungen einmalig in Abstimmung mit dem Steuerberater passend zu dessen Software in der Warenwirtschaft hinterlegt. Danach kann das Warenwirtschaftssystem nahezu alle Vorgänge automatisch dem korrekten Buchungskonto zuordnen. Ab dann können Steuerberater die benötigten Belege als elektronische Dateien erhalten, statt sie in Papierform selbst noch einmal erfassen zu müssen. Digital erstellte und verschickte Rechnungen müssen nicht noch einmal extra ausgedruckt werden. Der Papierverbrauch sollte sinken und der zeitliche Aufwand von Steuerberatern sich deutlich reduzieren. Und das wiederum sollte sich auch finanziell bemerkbar machen.

2. Das Warenlager

An welchen Patienten welche Arzneimittel abgegeben werden dürfen ist für Nichtpharmazeuten ein Buch mit sieben Siegeln. Und selbst Apotheker und PTAs sind mittelerweise bei dieser Fragestellung aufgeschmissen ohne ein Warenwirtschaftssystem, das ihnen in Sekundenbruchteilen Auskunft über Liefer-, Rabatt- und Rahmenverträge sowie weiteren Substitutionspflichten gibt. Weil das aber an Komplexität nicht genug ist, gesellen sich dazu auch noch Lieferengpässe und Arzneimittelrückrufe. POS-Systeme berechnen die optimalen Bestellmengen und somit auch die Tiefe des Warenlagers jedoch mit den historischen Abverkaufsdaten und leiten daraus Prognosen für die Zukunft ab. Lagerware bindet Kapital, da sie bezahlt werden muss – folglich sollte nur an Lager gelegt werden, was auch mit großer Wahrscheinlichkeit weiter verkauft werden wird. Außerdem wird die Ware, egal ob vom Großhandel oder direkt vom Lieferanten, meist mit Minivans in die Apotheke gebracht, was Emissionen verursacht. Das optimale Warenlager beinhaltet somit genau die „richtigen“ Artikel: So wenige wie möglich, aber so viele wie nötig – und all das mit möglichst wenigen Anfahrten durch Lieferanten.

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Ein gut gepflegtes Warenlager spart jedoch nicht nur Geld, sondern bindet auch Kunden. Denn ist die gewünschte Ware vorrätig, können sie sie direkt mitnehmen und müssen kein zweites Mal kommen. Aufgrund der Fixzuschläge bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sollten daher möglichst automatisiert die günstigeren Artikel eher in immer höheren Mengen bestellt werden je häufiger sie verkauft werden, während es sich bei hochpreisigen Artikeln im Extremfall sogar lohnen kann, sie gar nicht an Lager zu haben, sondern „just in time“ für die Kunden zu bestellen. Analog sollte man Nichtlagerware immer dann an Lager legen, wenn sie günstig ist und zweimal nachgefragt wurde, bei teuren Artikeln sollte man hier eher restriktiv verfahren. Umgekehrt sollte die Warenwirtschaft stets auch Vorschläge zum sog. „Auslisten“ machen, also Artikel identifzieren, die nicht mehr verkauft werden, aber aufgrund ihrer Restlaufzeit noch retourniert werden können.

3. Eine gut gepflegte Kundendatei

Alle, die fundiert pharmazeutisch beraten wollen, benötigen nicht nur das entsprechende Fachwissen, sondern müssen auch – und vor allem – die Patienten identifizieren, die gerade vor ihnen stehen. Hier kann die Kundendatei Wunder wirken. Dabei sollte man sich nicht scheuen, möglichst jeden Kunden auch tatsächlich in der Warenwirtschaft anzulegen. Dank Verfahren wie OCR (Optical Character Recognition – optische Zeichenerkennung) lassen sich Stammdaten, die Einwilligung des Kunden natürlich stets vorausgesetzt, schon heute einfach vom Muster-16-Rezept abscannen. Künftig wird das irgendwann mit dem E-Rezept sogar noch einfacher gehen, da dann nur noch Datensätze ausgetauscht werden (und kein Papier mehr). Aber auch Vorbestell-Apps und Plattformen sind auch heute schon geeignete und effiziente Möglichkeiten, immerhin gibt der Kunde dort seine Stammdaten ja selbst ein und erspart den Apotheken so den Aufwand der manuellen Erfassung. Aber selbst der manuelle Aufwand kann im Zweifel rentabel sein.

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Hilfreich ist hier nämlich der Blick auf den Versandhandel. Dort sind die Stammdaten von jedem Kunden zwangsweise bekannt, da ansonsten die Ware ja gar nicht versandt werden kann. Und hier setzt auch eine gesundheitspolitische Dimension der Kundendatei ein. Immerhin wissen wir alle, dass medizinisch nicht gewünschte Therapieabbrüche wegen der oft mit ihnen verbundenen Komplikationen, Krankenhauseinweisungen und dem früheren Eintreten einer Pflegebedürftigkeit meist mit hohen Folgekosten für das gesamte Gesundheitssystem verbunden sind. Sofern man jedoch datenbasiert nachweisen kann, dass man durch Adhärenzprogramme aktiv dazu beiträgt, derartige Therapieabbrüche zu reduzieren, tut man damit auch etwas Gutes für den gesamten Berufsstand. Denn entsprechende Zahlen stoßen vor allem bei Gesundheitspolitikern auf ein offenes Ohr. Ohne Kundendatei wird es jedoch äußerst schwierig, diese Zahlen schlüssig zu ermitteln.

4. Den Botendienst nachhaltig gestalten

Eine Apotheke in Deutschland stößt durchschnittlich ungefähr 25 Tonnen CO2 pro Jahr aus. Der Botendienst, der wohl auch nach der Coronakrise relevant bleiben wird, hat daran seinen Anteil. Das muss aber nicht so bleiben. Inwieweit sich die Botendienst-Emissionen vermeiden lassen, ohne Abstriche in der Arzneimittelversorgung in Kauf zu nehmen, hängt stark vom Standort der Apotheke ab. In Innenstädten liegen die Botendienst-Ziele z. B. häufig so nahe an der Apotheke, dass sie sich problemlos per Fahrrad, E-Bike oder (E-)Lastenrad erreichen lassen. Für größere Entfernungen wiederum bieten sich Elektroautos an, für die es von der Bundesregierung interessante Fördermöglichkeiten gibt, die die Anschaffung eines E-Autos auch finanziell attraktiv machen. Ein Elektrofahrzeug, das mit dem Apothekenlogo durch das Gebiet fährt, in dem die Mehrzahl der Kunden wohnt, wirkt sich natürlich auch positiv auf das Image der Apotheke aus.

Auch an anderer Stelle kann beim Botendienst gespart und die Umwelt geschont werden. Zur Abfallvermeidung kann auf Beigaben verzichtet werden. Egal ob Flyer, Kugelschreiber oder Produktpröbchen: Das meiste davon wird nicht voller Dankbarkeit entgegengenommen, sondern wandert stattdessen ungenutzt in den Müll. Plastiktüten, in denen die Arzneimittel verpackt werden, sollten durch Papiertüten ersetzt werden. Diese sollten in Standortnähe der Apotheke gefertigt sein, sodass Emissionen für den Transport weitgehend entfallen. Manche Tüte wird überdies nur auf Teilen ihrer Fläche mit Farben auf Wasserbasis sowie ohne Lösungsmittel und ohne Schwermetalle bedruckt – was sich ökologisch ebenfalls positiv auswirkt.

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Letztlich muss aber stets die Ware zum Kunden gebracht werden. Hier gibt es neben den in die Warenwirtschaft integrierten Botendienstmodulen auch externe Anbieter, die zur Optimierung der Route äußerst nützliche Funktionen in ihren Tools anbieten. Wichtig hierbei ist vor allem eine Planung, die bestimmte Fixpunkte (Lieferung an bestimmte Orte, wie bspw. ein Heim, zu stets derselben Uhrzeit) berücksicht und um diese herum eine Route berechnet, auf der kein Abschnitt doppelt befahren wird und Zickzackkurse ebenfalls vermieden werden. Die Einbindung der aktuellen Verkehrssituation ist das Tüpfelchen auf dem „i,“ denn sie kann helfen, Staus und Stop-and-Go zu vermeiden. Schließlich kann auch der Bote selbst einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten, indem er z. B. die Treppe statt des Aufzugs nimmt.

Jede Apotheke in Deutschland nutzt eine Warenwirtschaft. Richtig eingesetzt spart sie Geld und Ressourcen und leistet so einen wichtigen Beitrag für die Nachhaltigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Apotheke.

P.S.: Abonnenten des AWA – Aktuellen Wirtschaftsdienstes für Apotheke können zu den einzelnen Punkten unter den nachfolgenden Links auch vertiefende Beiträge zu einigen der Themen dieses Beitrags nachlesen.

  1. Was eine Buchhaltungssschnittstelle bringt
  2. Wie man das Warenlager optimieren kann
  3. Warum die Kundendatei so wichtig ist