Wie Apothekenteams ihre Digitalkompetenz steigern können

Fragen Sie sich inzwischen auch immer öfter, welchen Informationen aus dem Internet man noch glauben kann? Nahezu täglich berichten Washington Post und CNN vom neuesten Skandal um Donald Trump. Und der wiederum twittert „Fake News“ und „Witch Hunt“ im Minutentakt als Antwort darauf. Wenn in Deutschland ein Unglück passiert, schieben Parteien wie die AfD die Schuld sofort wahlweise den Flüchtlingen oder Angela Merkel in die Schuhe, unabhängig davon, wie der tatsächliche Hergang war. Die eine Sicht auf die Dinge, das singuläre Narrativ, das zur Erklärung eines Ereignisses ausreicht, gibt es nicht mehr. Wenn schon die allgemeine Nachrichtenlage immer konfuser wird, wie sollen Sie als Apotheker – oder Mitarbeiter in einer Apotheke – Ihre Kunden da noch zuverlässig zu Webseiten, Apps oder neuen Technologien beraten, wenn diese Sie danach fragen?confused-2681507_1920

Wir befinden uns mitten im Zeitalter von Fake-News, Spam- und Phishing-Mails, Internetabzocke, Verschwörungstheorien und pöbelnden Trollen in sozialen Medien. Je sensationeller Online-Veröffentlichungen sind, desto mehr Klicks, Likes und Shares bekommen sie und desto sichtbarer werden sie. Auf Halbwahrheiten oder falsche Aussagen trifft das überproportional häufig zu, denn sie sind nun mal nicht so banal wie die Realität – sondern häufig viel interessanter, bizarrer oder radikaler. Von Joseph Goebbels stammt das Zitat „Wenn man eine große Lüge erzählt und sie oft genug wiederholt, dann werden die Leute sie am Ende glauben.“ Nach genau dieser Methode handeln nicht nur die politischen Populisten, die sich momentan (und hoffentlich nur vorübergehend) weltweit im Aufwind befinden, sondern auch unzählige Scharlatane in der Gesundheitsbranche. Über sog. „Fake Science“ gibt es beispielsweise einen sehr lesenswerten Beitrag im Apothekentheater.

Leider ist nun gerade das Internet ein Ort, der prall gefüllt ist mit Lügen, Verschwörungstheorien und Unwahrheiten. Dadurch bekommt die grundsätzlich sehr begrüßenswerte Verfügbarkeit an Informationen, die wir durch das Internet bekommen, einen bitteren Beigeschmack. Eine der größten Herausforderungen wird es daher sein, zuverlässige und richtige Informationen zu erkennen – vor allem, wenn es um die Gesundheit allgemein und Arzneimittel im Besonderen geht. Denn selbst wenn für Sie eine gefälschte Online-Apotheke auf den ersten Blick also solche zu entlarven ist: ist sie das für Ihre Patienten auch? Wie können Sie als Apotheker dabei unterstützen, dass Ihre Patienten nicht ein vermeintliches Wundermittel aus dubiosen Quellen im Internet beziehen und sich selbst dadurch in Gefahr bringen? Kurz: wie unterscheidet man Fake von Real?judgment-889219_1920

Bei Webseiten, insbesondere bei solchen, die nicht ohnehin allgemein bekannt sind, kann man sich an folgenden, nicht abschließenden Faustregeln orientieren:internet-1593378_1920

  • Gibt es ein Impressum? Wenn ja: ist der Sitz des Unternehmens verifizierbar? Verifizieren kann man einfach zum Beispiel über Google Maps, das Telefonbuch oder, etwas aufwändiger, über das Handelsregister.
  • Wie viel Werbung ist auf der Seite platziert? Werbung an sich ist kein Problem, so lange sie eindeutig als solche gekennzeichnet ist.
  • Überprüfen Sie Quellenangaben, insbesondere bei vermeintlichen Studien. Führen Links auf der Homepage auch zum versprochenen Ziel/ zur zitierten Studie? Oder sind es Fake Links, die nur der vermeintlichen Seriosität des Angebots eine akademischen Anstrich geben sollen, in Wirklichkeit aber ins Leere führen? Oder, im Idealfall, kennen Sie sogar das Institut, welches die Studie durchgeführt hat und auf das auch tatsächlich verlinkt wird.
  • Auch wenn es Authentiziäts- und Qualitätssiegel gibt: bei zu vielen davon sollten Sie ebenfalls skeptisch werden!
  • Im Zweifel: schreiben Sie den Betreiber der Webseite an. Seriöse Unternehmen antworten innerhalb angemessener Zeit.

Ähnlich können Sie bei Gesundheits-Apps, von denen Ihre Patienten berichten, vorgehen:iphone-388387_1920

  • Googeln Sie den Anbieter und verifizieren Sie seine „Echtheit“, genau wie oben für Webseiten beschrieben.
  • Gehen Sie auf Branchenportale wie apotheke-adhoc, die Pharmazeutische Zeitung online oder die DAZ.online und geben Sie dort den Namen der App ein. Wenn es einen Treffer gibt, lesen Sie den Bericht oder die Anzeige bitte durch. Gibt es keinen Treffer, muss das allerdings noch nichts bedeuten – bei der Vielzahl an Gesundheits-Apps hat niemand mehr den kompletten Überblick. Aber: große Anbieter im Apothekenbereich platzieren sicherlich auf einem oder allen der drei genannten Portale Werbung.
  • Sehen Sie im Google Play Store oder im Apple App Store nach, wie oft es Updates gibt.
  • Lesen Sie Benutzerbewertungen durch – je mehr, um so besser, weil repräsentativer und schwieriger durch Chatbots zu fälschen.
  • Seien Sie wachsam, wenn die App zu viele Berechtigungen einfordert: warum sollte beispielsweise eine App, die Patienten an die Medikamenteneinnahme erinnert, Zugriff auf die Fotos auf dem Smartphone erhalten?
  • Und auch hier können Sie im Zweifel den Anbieter kontaktieren und auf die Seriösität der Kommunikation achten.

Und auch bei neuen technologischen Produkten oder Gadgets gibt es Indizien:blood-pressure-949092_1920

  • Hat es die (nicht verpflichtend vorgeschriebene) CE-Kennzeichnung, mit der sich der Hersteller quasi für die Anforderungen an sein Produkt verbürgt? Eine solche Kennzeichnung ist stets ein sehr gutes Indiz, weil sie freiwillig ist.
  • Verspricht das Produkt zu viel, um wahr zu sein? Dann ist es das auch. Noch gibt es keine eierlegenden Wollmilchsäue, sondern meist Lösungen für ein spezielles Anwendungsgebiet.
  • Ist der Hersteller ein bekanntes Unternehmen oder ein unbekanntes Start-Up?
  • Gibt es Nutzerbewertungen im Internet?

Zur Klarstellung: all dies sind zunächst lediglich Indizien. Fallen Ihnen noch weitere ein, mit denen Sie die Seriosität von Gesundheitsangeboten im Internet überprüfen können? Dann ergänzen Sie gerne meine Listen für sich oder kommentieren weiter unten. Am Ende müssen Sie anhand aller Ihnen vorliegenden Indizien abwägen, ob ein Angebot seriös – und sinvoll! – für den Patienten ist. Da hilft vor allem der gesunde Menschenverstand.

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Sollte aber dennoch einmal ein Patient oder gar Sie selbst Opfer von Krimilaität im Internet werden, gibt es zwei Institutionen, an die man sich wenden sollte. Zum einen gibt der Verbraucherschutz Tipps, wie ein eventuell entstandener Schaden ersetzt werden kann. Außerdem kann diese Organisation Gemeinschaften Betroffener organisieren, was zum Beispiel für die Vorbereitung einer Sammelklage von Bedeutung ist. Und nicht zuletzt tragen Sie so dazu bei, dass vor den Taten gewarnt werden kann.

Die zweite Institution, die man informieren sollte, ist die Polizei. Insbesondere bei der Gefährdung der Gesundheit ist es im Interesse der Allgemeinheit, dass der Verursacher ermittelt und die von seinen Taten ausgehende Gefahr beseitigt wird. Als Beispiel hier ein Link zur Seite der bayerischen Polizei, die sich informativ mit dem Thema Internetkriminalität auseinander setzt.

P.S.: inspiriert wurde dieser Beitrag maßgeblich von diesem Artikel auf einer meiner Lieblings-Seiten im Internet: The Medical Futurist. Diese Seite eines jungen ungarischen Arztes und seines Teams ist ein absolutes Muss für jeden, der sich mit dem Thema Zukunft der Gesundheit auseinander setzen will.