Digitale Kundenbindung – Teil 2 (Informationsebene)

Wenn Sie sich heute über Sachverhalte informieren wollen, von denen Sie nur wenige oder gar keine Kenntnisse haben, schauen Sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Internet nach. Laut einer Studie der Landesmedienanstalten aus dem Jahr 2016 nutzten zum damaligen Zeitpunkt 23 Millionen Deutsche täglich Suchmaschinen wie Google oder soziale Netzwerke wie Facebook zur Meinungsbildung. Ganz grundsätzlich nutzen über 80% aller Internetnutzer mindestens einmal täglich eine Suchmaschine, über 50% sind täglich in sozialen Netzwerken unterwegs und über 40% surfen jeden Tag auf Videoportalen.

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Nach Informationen suchen wir immer mehr im Internet

Ihre Kunden sind also im Internet. Als Patienten informieren sie sich dort über Fragen, die im Zusammenhang mit ihrer Gesundheit stehen. Mit Marktanteilen, die in den letzten Jahren konstant über 90 Prozent lagen, ist Google der Quasi-Monopolist bei den Suchmaschinen. Und Suchmaschinen sind stets der erste Einstiegspunkt für Patienten, die sich über Gesundheit informieren wollen. Immerhin hat im Jahr 2017 fast die Hälfte aller Menschen, die sich zu Gesundheitsthemen informieren wollte, dafür das Internet (und somit Suchmaschinen) genutzt. Einer der Gründe, der für die Recherche im Internet mit am häufigsten angegeben wurde, ist übrigens die Suche nach Austausch und emotionaler Unterstützung. Künstliche Intelligenz (KI), deren Verwendung in ihren Algorithmen alle Suchmaschinen-Anbieter seit 2015 kontinuierlich mehren, wird dabei künftig eine immer größere Rolle spielen. Die KI wird nämlich nahezu individuell für jede Suchanfrage die optimal passenden Antworten finden.

teacher-1015630_1920Wenn wir nun also rekapitulieren, dass Informationen über Gesundheit schon zu einem großen Teil im Internet stattfindet, dass des Weiteren die Patienten nach Austausch und emotionaler Unterstützung suchen und immer intelligentere Software bei der Suche nach geeigneten Inhalten unterstützen wird, ist klar, was jeder Apotheker tun sollte: sich als kompetenter, einfühlsamer und vor allem menschlicher Experte für Gesundheit positionieren.

Wie kann so etwas aussehen? Exemplarisch liste ich hier einige Fragen, deren Beantwortung jeweils eine Apothekerin oder ein Apotheker vorgenommen haben – und die Sie ebenfalls sehen können, wenn Sie auf den Link klicken, mit dem ich jede der Fragen versehen habe.

Mehrere Dinge sind hier auffällig, weswegen ich Sie kurz erläutern möchte.

Zunächst einmal führte Sie jeder Link auf YouTube, dem zum Google-Konzern (Alphabet Inc.) gehörenden Videoportal, auf dem jedermann eigene Videos hochladen oder anschauen kann. Wenn Sie Kinder haben, dann wissen Sie vermutlich, dass YouTube-Videos in den meisten Altersgruppen inzwischen deutlich beliebter als Fernsehen sind. Die gezeigten Apotheker haben dieses Medium also sicher ganz bewusst gewählt. Wo, wenn nicht auf Videos, kann man die Balance zwischen Kompetenz und Empathie so gut bewerkstelligen? Wir sehen hier eben gerade keine Halbgötter in Weiß, sondern sympathische Menschen, denen man gerne zuhört und denen man auch vertraut.

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YouTube, schon heute eine der am meisten genutzten Informationsquellen im Netz

Natürlich haben Apotheker keine Exklusivität für Gesundheitsthemen im Internet. Insbesondere auf YouTube findet man bspw. auch Ärzte, Physiotherapeuten oder Ernährungsberater, die gekonnt und mit fundiertem Wissen Informationen zu „ihren“ Themen vermitteln können. Aber man findet eben auch sog. „Influencer,“ die in sozialen Netzwerken über Marken berichten oder Produkte präsentieren. Meist folgen ihnen eine hohe Anzahl an Menschen (sog. „Follower„). Mit starker Präsenz und hohem (sozialen) Ansehen gelingt es vielen Influencern, Werbung für Produkte zu machen, ohne dass sie die wissenschaftliche Ausbildung genossen haben müssen, wie die bereits erwähnten Gesundheitsberufe. Wer sich also in soziale Netzwerke begibt, um dort Kunden und Patienten zu informieren, muss wissen, dass er wahrscheinlich auch Konkurrenz von Menschen bekommt, die weder berufsethisch nach haftungsrechtlich den gleichen Beschränkungen unterliegen.

Dennoch denke ich – und das ist der zweite Punkt, der mir aufgefallen ist – dass sich Videos auf YouTube durchaus lohnen. Eines der oben aufgelisteten Videos hat schon über 500.000 Aufrufe. Damit wurden also mehr Menschen erreicht, als in Duisburg, Hannover oder Nürnberg leben. Jeweils. Und auch alle anderen Videos haben Reichweiten, die deutlich über der durchschnittlichen Anzahl von Kunden pro Apotheke liegen. Diese liegt in Deutschland, ganz grob gerechnet – wenn man von knapp 20.000 Apotheken und 80 Millionen Einwohnern ausgeht – bei ungefähr 4.000 Kunden. Kommt also ein Apothekenvideo über diesen Wert hinaus, so hat man schon mehr Menschen erreicht, als die Apotheke durchschnittlich Kunden hat – und das, ohne dass man dabei mit jedem Einzelnen sprechen musste.

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Mit YouTube lassen sich mitunter wahre Menschenmassen erreichen

Inwieweit sich derartige Videos finanziell rentieren, kann ich nicht sagen. Aufgrund des Heilmittelwerbegesetzes gibt es strenge Auflagen für das Bewerben von Arzneimitteln, so dass lukrative Influencer-Verträge für Apotheker eher unwahrscheinlich sind. Aber egal ob durch einen Anstieg der Kundenfrequenz in der eigenen Apotheke, ob durch Buchungen für Vorträge oder durch eine bessere Vernetzung innerhalb der Branche – gelohnt haben dürfte es sich für jeden Produzenten von Videos auf jeden Fall.

Der dritte und letzte Punkt, der an den gezeigten Videos auffällig ist: kein einziges der Videos zeigt den Namen der Apotheke an exponierter Stelle. Vielmehr stehen Symptome, Beschwerden oder generelle Fragen rund um die Gesundheit im Vordergrund. Und auch das ist logisch. Jemand mit Bauchschmerzen googelt nicht nach „Stadt -Apotheke“ oder „Rathaus-Apotheke“ – sondern er sucht nach „Bauchschmerzen“ oder „was tun bei Bauchschmerzen?“. Wie man sicherstellt, dass man selbst bei so einer Suchabfrage im Internet auf der Trefferliste möglichst weit oben steht, damit beschäftigt sich die „Suchmaschinenoptimierung“ (oder kurz SEO vom Englischen „Search Engine Optimization“). Mit diesem Thema muss man sich auseinander setzen, wenn man im Internet gehört oder gesehen werden will.

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Die richtige SEO hilft dabei, im Internet gefunden zu werden

Natürlich ist YouTube nicht das einzige digitale Medium, mit dem Sie Ihre Patienten auf der Informationsebene ansprechen können. Weitere tolle Möglichkeiten bieten hierzu vor allem die anderen sozialen Netzwerke, wie Facebook, Instagram oder Twitter, mit allen Vor- und Nachteilen. Zum Beispiel kann man auf Facebook und Twitter viel direkter und intensiver mit den Kunden interagieren. Das setzt aber eben auch die entsprechenden Ressourcen voraus, denn andernfalls können Aktivitäten in sozialen Netzwerken auch nach hinten losgehen, wie zum Beispiel die Karlsruher DHU unlängst schmerzhaft lernen musste

Wenn aber nun die Kunden gut informiert sind und dank Ihrer Hilfe wissen, was gut und was schlecht für ihre Gesundheit ist … wie bringen wir sie dann dazu, sich auch an dieses Wissen zu halten?