Als wir Anfang Januar 2019 von unserer Kanada-Reise zurückkehrten, haben wir irgendwann natürlich auch die Post geöffnet, die uns während unserer Abwesenheit erreicht hatte. Zum Jahreswechsel (und somit Quartalsende) waren darunter erwartungsgemäß auch einige Arztrechnungen. Eine private Abrechnungsstelle berechnete mir im Auftrag meiner Hausärztin für die Ausstellung von zwei „Wiederholungsrezepten“ jeweils 3,15 €. Also betrug die Gesamtsumme dieser Rechnung, die mir in einem eigenen Kuvert und separat frankiert zugestellt wurde 6,30 €. Ärgern musste ich mich dann doch ein wenig, da ich vom selben Abrechner eine weitere Rechnung im Posteingang hatte, von einer anderen Praxis und mit deutlich höherem Betrag – aber gleichem Rechnungsdatum und somit auch gleichem Zahlungsziel. Diese beiden Rechnungen hätte man ja auch, so mein erster Gedanke, in ein gemeinsames Kuvert stecken können. Aber auch eine E-Mail mit den Rechnungen als Anhang im PDF-Format hätte ich problemlos akzeptiert. Kurz: diese Ineffizienz hat mich ziemlich frustriert.

Nach dem Urlaub: ein Berg an Post, den man durchgehen muss …
6,30 € klingt für mich nach sehr geringen Einnahmen, von denen meine Ärztin auch noch einer Abrechnungsstelle eine Gebühr bezahlt. Sie hat also nicht nur eigenen Aufwand mit der Annahme der Rezeptnachbestellung und der Ausstellung des Rezepts (was, bis auf die Unterschrift auf dem Rezept, natürlich von ihren Mitarbeitern erledigt wird – aber die arbeiten ja auch nicht umsonst), sondern teilt sich den Erlös hierfür auch noch mit einem Dienstleister. Könnten also Ärzte, ganz im Sinne einer effizienten Versorgung, auf diesen Aufwand nicht verzichten? Denn diese Beträge können ja nicht wirklich kostendeckend sein. Anders gefragt: wäre es nicht tatsächlich besser, wenn auch bei uns die Apotheken Folgerezepte ausstellen und abrechnen würden, wie es die Apotheken beispielsweise in Kanada oder Großbritannien tun?
Aber rechnet man diesen Betrag, die 6,30 €, einmal gedanklich hoch auf die Anzahl der chronisch Kranken, die eine durchschnittliche Praxis im Kundenstamm hat und die mit ähnlich hohem Betreuungsaufwand wie ich zu versorgen sind (nämlich keinem), so versteht man schnell, dass genau diese Art „ärztlicher“ Dienstleistung für ein gesundes Grundrauschen an Einnahmen in jeder Arztpraxis sorgt. Es wäre also nur zu nachvollziehbar, wenn die Ärzteschaft darauf nicht verzichten wollte. Gründe dafür, warum die Ausstellung von Folgerezepten unbedingt beim Arzt verbleiben muss, lassen sich dann im Zweifel auch schnell finden.

Was er wohl dazu sagen würde, wenn Apotheker Folgerezepte ausstellen dürften?
Also müssen Lösungen her, die diese Ineffizienz im Gesundheitssystem beseitigt, ohne dass den beteiligten Leistungserbringern finanzielle Nachteile daraus erwachsen. Solange aber ein Leistungserbringer einen Patienten behandelt, ihn beraten oder ihm etwas verkaufen kann, ohne dass die anderen Heilberufler, die mit diesem Patienten tätig sind, davon etwas mitbekommen, wird die Bereitschaft zum Verzicht nicht vorhanden sein. Ein plausibler Lösungsansatz könnte daher eine übergreifende, elektronische Patientenakte sein. Einmal angenommen, dass ein Apotheker einem Patienten eine Folgeverordnung ausstellt, so wäre es nur konsequent, dass er diese auch in der Patientakte hinterlegen muss. Die Leistung des Arztes könnte künftig also darin bestehen, nicht von ihm selbst ausgestellte Folgeverordnungen für seine Patienten in der elektronischen Akte zur Kenntnis zu nehmen bzw. zu kontrollieren. Einzelne Patienten könnten, soweit indiziert, zu Verlaufskontrollgesprächen eingeladen werden. In den meisten Fällen aber wird der Aufwand für den Arzt geringer sein als bisher – und ihn dennoch bei der Therapiehoheit unterstützen. Und dafür wäre – in meinen Augen – eine Gebühr im Rahmen der heutigen Wiederholungsrezeptgebühr auch gerechtfertigt.
Schon heute gibt es technologische Lösungen hierfür: zum Beispiel die Telematikinfrastruktur (TI). Über sie sollen alle Beteiligten im Gesundheitswesen wie Ärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser, Apotheken, Krankenkassen miteinander vernetzt werden. Jetzt gilt es, sinnvolle Anwendungsfälle wie den oben beschriebenen zu finden und publik zu machen. Je mehr Patienten die TI nutzen, umso schneller wird sie nachhaltig etabliert sein. Das wiederum schafft Innovationssicherheit für alte und neue Player im Gesundheitsmarkt, wodurch die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Anwendungsfälle zum Wohle der Patienten gefunden werden, nur steigen wird. Nutzen wir also die Werkzeuge, die uns die Digitalisierung zur Verfügung stellt – besser geht immer!
Das erinnert mich an die Geburt meines 1. Sohnes im Jahr 1982 in einem Krankenhaus in Tübingen. Nach der Entlassung erhielten wir einen individuell geschriebenen Brief mit einer Rechnung über 0,20 DM für nicht beglichene Telefongebühren. Frankiert war der Brief mit einer 50 Pfennig Briefmarke. Fand ich schon damals sehr seltsam.Wenn dann auch noch die Zeit für das Schreiben angesetzt würde, man mag nicht darüber nachdenken.
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Seitdem haben wir uns zum Glück deutlich weiterentwickelt … die Beträge werden nämlich jetzt in € und nicht in DM angemahnt. Ob sich darüber hinaus noch viel geändert hat … ? 😉
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ja, mittlerweile wird am Computer geschrieben und nicht mehr mit der Schreibmaschine
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[…] Ärzte nicht nur wissen, was andere Ärzte verordnet haben (das steht im Zweifel schon bald in der elektronischen Patientenakte), sondern auch, was Patienten daneben an nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und ggf. […]
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[…] meiner Apotheke vor Ort. Also lässt sich diese Kompetenz auch bei den anderen Anwendungen, wie der elektronischen Patientenakte oder dem Medikationsplan in Richtung der Kunden kommunizieren. Jeder Anlass, die Apotheke zu […]
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