Letzte Nacht hatte ich im Schlaf eine wirklich tolle Idee für einen neuen Blogbeitrag. Als ich heute Morgen dann aufwachte, war sie jedoch leider wie weggefegt. Nach dem ersten Kaffee aber, da kam sie wieder. Damit ich sie kein zweites Mal vergesse, holte ich mein Smartphone, um eine Mail an mich selbst zu schicken mit der Idee als Betreff. Machen Sie das auch manchmal so? Nachrichten an sich selbst schicken, um bestimmte Dinge nicht zu vergessen? Bei mir hilft das. Meistens.
Auf meinem Handy standen dann jedoch die üblichen Benachrichtigungen, die man morgens zu sehen bekommt: das neueste aus der Welt von Facebook, Instagram, Twitter und Co. Tatsächlich fand ich einen Beitrag auf Twitter sehr interessant, so dass ich ihn mir direkt angesehen habe. Was soll ich sagen, lustige Tiervideos gehen einfach immer!
In dem Moment kamen die Kinder die Treppe herunter und ich konnte ihnen den Film von Twitter auch zeigen. Was haben wir gelacht! Zusammen haben wir uns dann auf das Sofa gesetzt und zum Wachwerden noch fünf weitere lustige Videos in der Timeline von dem Tiervideo-Account angeschaut. Es geht doch nichts über einen positiven, gemeinsamen Start in den Tag! Danach habe ich noch ein Blick auf die anderen Sozialen Netzwerke geworfen, hier ein Like, dort ein Like, und weiter ging’s … ich war nämlich heute dran mit dem Schmieren der Pausenbrote für die Kinder.
Als ich das Pausenbrot unserer Jüngsten in ihren Schulranzen packte, fiel mein Blick auf mein Handy. Es lag auf dem Sofa, wo es üblicherweise sonst nicht liegt. Wer hatte das denn dorthin gelegt?
Ach ja, ich selbst war das. Warum gleich nochmal hatte ich das vorhin überhaupt in die Hand genommen? Richtig, ich wollte mir selbst eine Mail schreiben! Aber was in der Mail drinstehen sollte? Keine Ahnung, wie ich das geschafft habe – aber ich hatte es vergessen.
Was soll’s, wird schon nicht so wichtig gewesen sein. Mit dem Gedanken ging ich in die Küche, noch einen Kaffee machen, bevor dann die Kinder in die Schule und ich in die Arbeit aufbrechen mussten. Auf dem Weg in die Küche fiel mir dann doch der Inhalt der Mail wieder ein, die ich an mich selbst schreiben wollte. Also bin ich schnell umgedreht zu meinem Handy. Gerade als ich es entsperrt hatte, kam eine Meldung meiner Fußball-App, irgendein Update zu irgendwelchen Vertragsverhandlungen. Das musste ich natürlich sofort lesen – aber wie enttäuschend, es ging nur um ein junges Talent aus der zweiten Mannschaft, das kein Mensch kennt.
Also zurück zur Kaffeemaschine für den nächsten Kaffee. Das tat gut! Die Kinder hatten inzwischen ihre Zähne geputzt und sich angezogen. Wir standen an der Haustür, startklar für diesen Tag. Da ertönte ein Signalton von meinem Smartphone: die Einnahmeerinnerung für meine Tabletten. Auf dem Weg zum Medikamenteschrank dachte ich darüber nach, wie sehr der Takt unseres Lebens doch von digitalen Geräten vorgegeben wird: sie erinnern uns an Termine, Geburtstage, den Hochzeitstag. Sie geben Bescheid, wenn Pakete beim Nachbarn abgegeben worden sind oder man ein Folgerezept beim Arzt anfordern sollte, weil sich die Packung dem Ende zuneigt. Sogar die Erinnerung an die letzten 10 Jahre hat dieses Teufelsding, zumindest in meinem Fall: alle Fotos, die ich seitdem aufgenommen habe, sind darauf gespeichert. Und natürlich kennt es sogar alle meine Lieblingslieder …
Bis mir dann doch etwas einfiel, das mein Smartphone nicht weiß.
Und das musste ich dann, ich kam eben zurück zur Haustür und war immer noch völlig gedankenverloren, sofort meinem Sohn mitteilen: „Weißt Du eigentlich, Paul, dass ich die Telefonnummern immer noch auswendig weiß, die meine Schulfreunde hatten, als ich so alt war wie Du?“
Es ist bei mir tatsächlich so: die alten Nummern von Alex, Niki, Roland oder Christian, von Susi, Steffi, Thomas oder Alexander könnte ich auch heute noch im Tiefschlaf ohne Nachdenken aufsagen.
„Witzig,“ sagte daraufhin mein Sohn. „Ohne mein Handy könnte ich mir die Nummern meiner Freunde niemals merken.“
Und da fiel es mir wieder ein, das Thema, über das ich in meinem Blogbeitrag schreiben wollte: nämlich darüber, wie vergesslich wir alle werden, seitdem uns die Maschinen das Denken abnehmen …
Hinweis: dieser Blogbeitrag ist größtenteils der Phantasie des Autors entsprungen. Was nicht heißt, dass ihm so etwas nicht jederzeit auch in Wirklichkeit passieren könnte. Inspiriert wurde er von dem Lied „J’oublie“ von Michel Robichaud.
Oh ja… das kenne ich 🙂
Vielleicht nicht ganz so extrem, aber es kommt durchaus vor, dass ich morgens noch ganz genau wusste über welches Thema ich schreiben will, und abends mit einem großen Fragezeichen im Gesicht dasitze und ins Handy starre. „Was zum Teufel soll mir jetzt das Stichwort „Büroklammer“ sagen???“ Kunden würde ich vermutlich zur Einnahme von Ginkgopräparaten, Sport an der frischen Luft und genügend Getränke raten. Aber Wasser, keine Pälzer Schorle 😉
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… danke für den Tipp mit den Ginkgopräparaten! Zählt Gin Tonic da auch zu? Hat ja immerhin die selben drei Anfangsbuchstaben … 😉
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Gin Tonic? Ganz bestimmt! Was gegen Malaria eingesetzt wird, das hilft auch sicher gegen Vergesslichkeit 😉
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Gin_Tonic
Wir können das ja vielleicht mal beim nächsten Treffen austesten. Jeder trinkt einen oder zwei (?) Gin Tonic, und wir schauen dann ein paar Tage später, ob wir uns noch an das Gespräch erinnern können 🙂
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[…] einerseits kann ich meine Geräte nun nicht mehr so bequem entsperren wie früher – andererseits trainiere ich jetzt regelmäßig mein Gedächtnis, weil ich ja jetzt bei jeder Benutzung eines der beiden Geräte die 8-stelligen Codes eingeben […]
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