Als, vermutlich gegen Ende November 2002, in China eine neuartige Lungenkrankheit ausbracht und diese sich Anfang 2003 rasch ausbreitete, reagierte die chinesische Regierung mit Zensur und einer Nachrichtensperre für die betroffene Provinz Guangdong. Erst am 10. Februar 2003 wurde die Weltgesundheitsorganisation WHO informiert. Zu spät, wie sich herausstellen sollte, denn innerhalb von nur wenigen Wochen breitete sich die SARS-Pandemie über die ganze Welt aus. Da während der Inkubationszeit von SARS die Erkrankung noch nicht sichtbar war, gelang es dem Erreger so, sich in unserer gesellschaftlich und wirtschaftlich eng vernetzten Welt schnell zu verteilen. Bis zu ihrem Abklingen im Sommer 2003 erlagen fast 800 Menschen dieser Seuche.

Venezianische Pestmaske aus dem Mittelalter
Heute, 17 Jahre später, fühlt es sich ein wenig an wie damals, wenn man die rasant steigende Zahl an Todesfällen in China und die sich täglich erweiternde Liste neuer Länder mit Fällen des Coronavirus liest – seit heute steht auch Deutschland auf dieser Liste. Bei der Eindämmung von Seuchen ist vor allem ein Faktor entscheidend: die Geschwindigkeit, mit welcher die Gesundheitsbehörden informiert werden. Je schneller, umso besser greifen Gegenmaßnahmen wie Quarantäne, Bereitstellung oder Forschung nach geeigneten Impfstoffen und Alarmbereitschaft in Kliniken und Krankenhäusern.
Und auch wenn die WHO diesmal attestiert, dass die chinesischen Behörden schneller informiert hätten als 2003, so breitet sich auch jetzt der Virus wieder beängstigend schnell aus. Bereits am 9. Januar 2020 warnte die Weltgesundheitsorganisation WHO die Öffentlichkeit vor dem Ausbruch eines grippeartigen Virus. In der inzwischen weltweit bekannten Millionenstadt Wuhan sei es zu einer Reihe von Fällen mit Symptomen einer Pneumonie gekommen. Drei Tage vorher, also am 6. Januar, hatte die US-Behörde CDC (Center for Disease Control and Prevention – Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention), die zum amerikanischen Gesundheitsministerium gehört, vor dem Ausbruch eines neuartigen Virus in Zentralchina gewarnt. Verglichen mit 2002/ 2003 war das tatsächlich schnell.

Auf die Geschwindigkeit der Informationsweitergabe kommt es bei der Eindämmung von Seuchen an
Aber es geht noch schneller – nämlich mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz (KI). Hierüber berichten das englischsprachige Geek- und Nerd-Magazin WIRED und das deutschssprachige Digital-News-Portal t3n aktuell. Der kanadische Gesundheitswarndienst bluedot war nämlich nochmal deutlich schneller mit seiner Warnmeldung als die beiden Organisationen und hat seine Kunden bereits am 31. Dezember 2019 über den Ausbruch informiert.
Wie das geht? Basis der bluedot-Technologie ist ein KI-gesteuerter Algorithmus, der fremdsprachige Nachrichten, Netzwerke für Tier- und Pflanzenkrankheiten sowie offizielle Bekanntmachungen durchforstet. Er soll seine Anwender rechtzeitig vor Seuchengebieten wie Wuhan warnen, damit sie diesen ausweichen können. Anders als das seinerzeit gescheiterte Google Flu Trends verwendet der Algorithmus keine Daten von Social-Media-Postings, weil die hieraus zu gewinnenden Informationen nicht eindeutig genug sind. Aber bluedot behilft sich eines naheliegenden Kniffs: es greift auf weltweite Ticketdaten von Fluggesellschaften zu, mit deren Hilfe sich vorhersagen lässt, wohin und wann potentiell infizierte Einwohner als nächstes reisen werden. So wurde jetzt beispielsweise korrekt prognostiziert, dass das Virus in den ersten Tagen nach seinem ersten Auftreten in Wuhan erst einmal weiter nach Bangkok, Seoul, Taipeh und Tokio gelangen würde.

Flugtickets als Datenquelle für Prognosen über Pandemieverläufe
Interessant an bluedot ist auch die interdisziplinäre Zusammensetzung der derzeit dort beschäftigten 40 Mitarbeiter: es handelt sich bei ihnen nämlich überwiegend um Ärzte und Programmierer. Letztere haben das Analyseprogramm zur Krankheitsüberwachung entwickelt, bei dem Nachrichten in 65 Sprachen, Airline-Daten und Berichte über Tierseuchenausbrüche in natürlicher Sprache von einer hierauf trainierten KI gesichtet werden. Sobald das automatisierte Sichten dieser Daten abgeschlossen ist, übernehmen dann Menschen: Epidemiologen überprüfen, ob die Schlussfolgerungen aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll sind. Sind sie das, so senden sie anschließend einen Bericht an die Kunden, die vorwiegend aus den Bereichen Regierung, Wirtschaft und öffentliche Gesundheit stammen. Dadurch können dann Beamte des öffentlichen Gesundheitswesens, Fluggesellschaften und Krankenhäuser in den Ländern, in denen infizierte Patienten ankommen könnten, bereits präventive Maßnahmen ergreifen. Zum Beispiel könnten Impfstoffe rechtzeitig an die Apotheken verteilt werden, um in den errechneten Hotspots genügend Vorräte zu haben.
Es ist unwahrscheinlich, dass sich ein Fall wie 2002/ 2003, als China tatsächlich zu Beginn der Pandemie noch Zensur eingesetzt hat, in heutigen Zeiten von weltumspannenden Sozialen Netzwerken und Messaging-Diensten wiederholen wird. Trotzdem hängt die Zuverlässigkeit der Informationsweitergabe durch die örtlichen Gesundheitsbehörden, nicht nur in China, von vielen äußeren Faktoren ab. Im schlimmsten Fall müssen sie vor allem handeln, ihren gesamten Fokus auf die Eindämmung der Seuche richten und kommen dann schlicht und einfach nicht mehr zum Absetzen einer Warnung.
So gesehen ist es für mich irgendwie beruhigend, dass das Beispiel von bluedot zeigt, wie künftig Mensch und Maschine zum Wohle aller effizient zusammenarbeiten können.
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