2020 hätte so gut werden können … wird 2021 besser?

Meine Kinder sind 7, 9 und 13 Jahre alt. Hätten Sie mich vor 12 Monaten gefragt, ob ich denke, dass meine Kinder in diesem Alter bereits Begriffe wie „Immunität,“ „Inzidenzwert“ oder „Quarantänepflicht“ nicht nur kennen sondern auch fehlerfrei aussprechen können, ich hätte Sie ausgelacht. Leider kennen Sie nicht nur diese Wörter, sondern haben auch schon Rachenabstriche, PCR-Tests und häusliche Isolation hinter sich. Der 13-jährige ist sogar von heute bis Freitag im „Homeoffice,“ da sein Gymnasium wegen der zu hohen Inzidenz im Landkreis wieder auf Wechselunterricht umstellen musste.

2020 hätte ein so schönes Jahr werden können. Die Veranstaltungen im Frühjahr waren geplant und durchgetaktet, die Termine im Hinblick auf die Einführung des E-Rezeptes im weiteren Jahresverlauf standen ebenfalls fest und letztlich sprach alles dafür, dass viel passieren würde. Tat es dann auch – nur eben ganz anders.

Dass Prognosen schwierig sind, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen, habe ich an dieser Stelle vor genau einem Jahr geschrieben. Wie recht ich damit haben sollte, wurde mir erst im Verlauf des ersten Quartals bewusst, als unsere Welt erst langsam und dann immer schneller auf den Kopf gestellt wurde. Auf den Kopf gestellt von einem zoonotischen Virus, dessen Verbreitungsweg schon im Januar eine Künstliche Intelligenz aufzeigte. Zum damaligen Zeitpunkt war die Nachrichtenlage aus Wuhan noch unklar und die meisten Experten hierzulande überzeugt davon, dass Covid-19 weniger schlimm als die jährliche Influenza sein würde. Selten wünscht man sich im Nachhinein so sehr, sie hätten recht behalten …

Die Apotheken erfuhren im ersten Lockdown große Wertschätzung, wurden als systemrelevant eingestuft und hielten an vorderster Front die Stellung. Teams wurden aufgeteilt, Plexiglaswände aufestellt und die letzten Verweigerer von bargeldloser Zahlung haben sich ein EC-Cash-Gerät angeschafft. Für viele Apotheken bedeutete die Pandemie auch ein „back to the roots:“ Desinfektionsmittel wurden, oft in Kooperation mit örtlichen Brennereien, per Hand hergestellt und verkauft. Andere fertigten selbst Alltagsmasken an und teilten den Erlös mit örtlichen karitativen Einrichtungen. Digitale Lösungen, die schon lange einsatzbereit in den Schubladen Staub ansetzten, wurden quasi über Nacht ausgerollt und kommen bis heute zum Einsatz. Der Sommer brachte dann leichte Entspannung und gab vielen das trügerische Gefühl, dass sich ja nun doch noch alles zum Guten wenden würde. Dann kam der Herbst und das Erstarken nicht nur gewisser Querdenker zeigt uns dramatisch, wie fragil das soziale Geflecht in unserer Gesellschaft letztlich ist. Woran sich leider erneut zeigt, dass Prognosen nun mal schwierig sind. Oder wie planen Sie die Weihnachtsfeier mit Ihrer Familie?

2021 könnte nun aber wirklich ein gutes Jahr werden. Der Impfstoff steht vor der Tür. Das Ansehen der Apotheken in der Öffentlichkeit ist nach wie vor sehr hoch. Diskussionen darüber, ob Apotheken Corona-Tests oder gar -Impfungen durchführen dürfen bzw. sollten, sind noch am Laufen. Egal, wie diese Diskussionen letztlich entschieden werden, es zeigt, dass die Positionierung der Apotheke als jederzeit aufsuchbares Kompetenzzentrum rund um die Gesundheit nicht ganz erfolglos war. Motiviert vom Startschuss für das E-Rezept am 01.07.2021 entstehen Plattformen und Portale, die Mehrwert-Nutzen für Patienten anbieten. Gleich mehrere Anbieter buhlen dabei um die Gunst der Apotheken vor Ort. Apotheken, die sich in ihrem örtlichen Umfeld gut positioniert haben, werden dabei auch und gerade von diesen Plattformen profitieren. Vielleicht war die Pandemie auch insofern ein Katalysator, als dass sie uns dazu gezwungen hat, alte Gewohnheiten hinter uns zu lassen und Lösungen für neue Probleme zu finden. Dies zeigt sich auch bei den Videokonferenzen, die am Anfang nur lästig waren, dann zwischenzeitlich zur Routine wurden und in den letzten Monaten teilweise sogar hoch innovativ und neu gestaltet wurden. Ein Organisator eines Web-Kongresses beispielsweise hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen, indem er in den Pausen einem Musiker die (virtuelle) Bühne überlassen hatte und dieser dann live auf Gitarre und Piano seine Lieder vortrug. So schnell waren die Teilnehmer der Konferenz noch nie von ihren heimischen Kaffeemaschinen wieder zurück am Platz vor dem Computer. Das Beispiel zeigt mir auch, wie sehr wir alle die kulturellen Events und Veranstaltungen vermissen – und wie einfach man sie auch in unsere neue Realität integrieren könnte. Es ist nicht ganz das Gleiche wie ein Live-Konzert – aber wer könnte sich momentan schon vorstellen, zusammen mit mehreren hundert wenn nicht gar tausenden anderen Menschen in einer Konzerthalle zu sein?

Zur Positionierung der Apotheke gehört auch, als eine Möglichkeit von vielen, der an dieser Stelle schon häufiger erwähnte Klimaschutz. Auch für ihn war die Pandemie nicht wirklich von Nachteil. Corona hat immerhin in 9 Monaten schon mehr für das Klima getan, als die – häufig gut gemeinten – Maßnahmen der Politik. Dank Homeoffice und Videokonferenz wurden innerdeutsche Flugreisen und das Pendeln ins Büro dramatisch zurück gefahren – und mit ihnen die CO2-Emissionen. In den Ländern, die bis jetzt vergleichsweise glimpflich durch die Krise kamen, wurde bei Corona auf die Wissenschaft gehört. Meine Hoffnung, dass das nun auch beim Klimawandel geschieht, ist gewiss nicht ganz unbegründet. Sicher ist, dass Corona irgendwann Teil des normalen (und beherrschbaren) Lebensrisikos werden wird. Der Klimawandel wird uns aber noch über Generationen hinweg begleiten.

Damit Sie rund um die Themen Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Positionierung nicht immer nur etwas von mir lesen oder hören, würde ich gerne im nächsten Beitrag einfach meinen Apotheker, bei dem ich als Kunde meine Arzneimittel beziehe, zu Wort kommen lassen. In einem Video-Interview hat er mir erzählt, was ihn antreibt, seine Apotheke klimaneutral stellen zu lassen und warum er es sogar gut findet, dass man als Deutscher beim Thema Klimawandel ein wenig schlechtes Gewissen hat. Würden alle so denken wie er, würde ich sagen, dass 2021 nur hervorragend werden kann …