Ist Corona jetzt eigentlich vorbei?

Diese Frage stelle ich mir selbst immer öfter. Immerhin finden in der Region, in der ich lebe, inzwischen wieder die beliebten Weinfeste statt, ganz normal wie früher: Menschen treffen sich in Massen, stehen eng beisammen und unterhalten sich, die Köpfe nah aneinander. In den Supermärkten trägt kaum noch jemand eine Maske und es ist auch lange her, dass ich mich über die Luca-App beim Restaurantbesuch einchecken musste. Andererseits lese ich in den Nachrichten, dass der Bundesgesundheitsminister Lauterbach schon jetzt vor erneut steigenden Fallzahlen im Herbst warnt. Also: ist diese lästige Pandemie jetzt endlich vorbei oder nicht?

Apotheke Digitalisierung Coronavirus Pandemie Covid Endemie Hygiene

Die Lockerungen der Corona-Regeln sind übrigens ein starkes Indiz dafür, dass wir das schlimmste hinter uns haben. Diese Lockerungen gelten inzwischen ja nicht nur im öffentlichen Bereich. Immer mehr Firmen kehren zurück zu einer Art „Neues Normal.“ Denn klar, auch wenn jetzt wieder alle Mitarbeitenden zurück in ihre Büros dürfen – wollen tun das mitnichten alle. Immerhin haben die letzten zwei Jahre gezeigt, dass Arbeiten auch von zu Hause aus funktioniert, wenngleich die Müdigkeit nach einem Tag voller Telefonkonferenzen eine intensivere ist, als die nach einem Präsenz-Arbeitstag.

Aber auch die Reisefreiheit nahezu weltweit scheint wiederhergestellt zu sein. Zwar verlangen noch einige Länder, dass man bei der Einreise Kontaktdaten hinterlässt. Aber die strikten Verbote sind vorbei. Insbesondere in Europa haben wir die alte Freizügigkeit wiedererlangt.

Während wir also bei den beiden zuletzt genannten Punkten unsere Freiheiten zurückerhalten haben – also Rechte, die uns eigentlich zustehen, die aber wegen der Pandemie vorübergehend eingeschränkt waren – gibt es einen weiteren Punkt, der ebenfalls auf ein Ende der Pandemie hinweist. So ist es momentan wieder möglich, ganz normale Arzttermine zu bekommen für Eingriffe, die weder mit Covid in Zusammenhang stehen noch unaufschiebbar sind. Die meisten Krankenhäuser haben zwar noch einen Überhang an abzuarbeitenden Terminen. Aber selbst für einen Leistenbruch bekommt man inzwischen innerhalb von drei bis vier Wochen problemlos einen Termin. Dieser Überhang, der ja entstanden ist, um die Ressourcen im Gesundheitswesen vor einer befürchteten Überlastung durch Corona zu schützen, ist sicherlich auch einer der größten Kollateralschäden dieser Pandemie. Denn harmlosere Eingriffe zu verschieben ist die eine Sache. Aber wie viele Patienten mussten auf ihre Behandlung warten, deren Krankheit keinen Aufschub duldete?

Somit würde ich aktuell durchaus zu dem Schluss kommen, dass Corona bei uns aktuell von der pandemischen in die endemische Phase übergegangen ist. Zumindest im Moment! Denn wenn selbst aus Nordkorea inzwischen erste Fälle gemeldet werden, einem Land, das für seine strenge Zensur berüchtigt ist, dann scheint sich beim Coronavirus zu wiederholen, was wir bereits von Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose oder auch AIDS kennen: kaum haben die reichen Länder die Seuche überstanden, ist sie dort gedanklich abgehakt und erledigt. In den sog. Entwicklungs- und Schwellenländern hingegen ist die Situation ganz anders. Impfstoffe stehen dort kaum zur Verfügung. Dabei wäre das so wichtig, denn wenn sich das Coronavirus dort ungehemmt verbreiten kann, entstehen unweigerlich neue Mutationen und Varianten – und es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese auch bei uns wieder auftauchen. Somit sollten wir auch die ärmsten Länder dieser Welt dazu befähigen, nicht nur Impfstoffe bei uns zu beziehen, sondern diese sogar lokal herzustellen und zu vertreiben. Das ist weniger altruistisch, als es klingt, sondern in unserem ureigensten Interesse, wenn wir nicht die vergangenen zwei Jahre in einer Art Dauerschleife wiederholen wollen. AIDS beispielsweise gilt bei uns inzwischen als chronische Krankheit, während in Teilen Afrikas 30% der Bevölkerung und mehr das HI-Virus in sich tragen.

Ich für meinen Teil werde daher vor allem die Hygieneregeln, die wir uns in den letzten zwei Jahren antrainiert haben, definitiv beibehalten. Auch das Händeschütteln vermisse ich kein bisschen, ganz im Gegensatz übrigens zu herzlichen Umarmungen mit Menschen, die ich lange Zeit nicht gesehen habe. Und auch wenn die meisten Menschen im Supermarkt keine Maske mehr tragen – ich selbst fühle mich mit Maske wohler und lasse sie vorerst noch auf. Geben auch Sie daher einem gefühlten Gruppenzwang nicht nach, sondern tun Sie das, womit sie sich am wohlsten fühlen.

Apotheke Digitalisierung Coronavirus Pandemie Covid Endemie Hygiene

Impfempfehlungen bei Fernreisen sollte man bislang ohnehin schon immer berücksichtigen, nun eben auch im Hinblick auf Covid-19. Apotheken können ihre Reiseberatung hierauf erweitern und dürfen ja inzwischen sogar selbst impfen. Wir sollten die Entwicklung von Corona in den Entwicklungs- und Schwellenländern sehr eng verfolgen, da wir von hochansteckenden Mutationen nicht verschont bleiben werden.

Etwas Positives hat die Covid-19-Pandemie schließlich doch noch bewirkt. Denn sie hat digitalen Technologien und Anwendungen im Gesundheitswesen ebenfalls einen wahren Booster verpasst. Klar, das Faxgerät in Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäusern ist nach wie vor Kommunikationsmittel Nr. 1, aber daneben entsteht gerade eine patientenzentrierte, menschlichere Welt der Gesundheitsversorgung. Sie mit auszubauen – damit die Beziehung zwischen Patient und Heilberufler verbessert wird und sich beide auf Augenhöhe über die Gesundheit unterhalten können, statt mit administrativer Bürokratie ihre wertvolle Zeit zu vergeuden – das sollte Ansporn für uns alle sein, die Zukunft mitzugestalten!