Der digitale Impfnachweis aus der Apotheke

Während ich selbst noch auf meinen Impftermin warte, wurden gut 50% der deutschen Bevölkerung inzwischen mindestens einmal geimpft, 20% sogar schon komplett bzw. zweimal. Nach einem verhaltenen Start in der Impfkampagne holen wir jetzt also stark auf. Das ist gut so, ist doch die Immunität ein wichtiger Schritt zurück in die „neue Normalität,“ insbesondere weil eine Einschränkung der Grundrechte spätestens dann nicht mehr zu rechtfertigen ist. Als Nachweis dafür, ob und wie viele Impfungen gegen Covid-19 man erhalten hat, dient das weltweit anerkannte gelbe Impfheft, offiziell als „Internationale Bescheinigung über Impfungen und Impfbuch“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bekannt. Leider ist Papier geduldig und so dauerte es nicht lange, bis die ersten gefälschten Impfzertifikate im Internet auftauchten. Dies erhöht als Konsequenz den Aufwand bei der Prüfung dieser analogen Impfpässe. Chargenbezeichnungen, Arztunterschriften, etc. sind zu prüfen. Wer das zuverlässig übernehmen soll, wenn zum Beispiel der analoge Impfpass genutzt wird, um ein Geschäft zu betreten, ist zumindest mir dabei nicht klar. Die Verkäuferin im Einkaufszentrum dürfte damit jedenfalls in aller Regel überfordert sein.

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Prädestiniert für so eine Prüfung ist hingegen – die Apotheke. Die Analogien zur Rezeptprüfung sind unübersehbar. So sieht es auch das Bundesgesundheitsministerium:

„Apotheken überprüfen jeden Tag Rezepte, die unterschrieben werden, und sind auch in der Lage, die (Impf-)Dokumente auf Echtheit zu überprüfen.“

Gottfried Ludewig, Abteilungsleiter Digitales im Bundesgesundheitsministerium, auf www.deutsche-apotheker-zeitung.de

Zusätzlich zum gelben Impfheft wird es in Kürze daher den digitalen Impfnachweis geben. Er ist eine zusätzliche Möglichkeit, um Impfungen zu dokumentieren und soll vor allem den administrativen Aufwand derjenigen reduzieren, die für die Prüfung der Impfnachweise verantwortlich sind. Geimpfte sollen mit dem digitalen Nachweis Informationen wie Impfzeitpunkt und Impfstoff bequem auf ihren Smartphones abspeichern können – entweder in einer eigens dafür entwickelten App namens CovPass, oder integriert in die Corona-Warn-App. Der Impfnachweis besteht aus einem QR-Code, der abgescannt werden kann und dann den Impfstatus bestätigt. Grundlage hierfür ist ein zu Beginn des Jahres erfolgter Beschluss des Europäischen Rats, einen interoperablen und standardisierten Impfnachweis für medizinische Zwecke auf den Weg zu bringen. Deutschland wird diese europäische Entscheidung noch in diesem Monat, Juni 2021, umsetzen. Allen Bürgern, die dies wünschen, wird dann auch ein digitaler Impfnachweis zur Verfügung stehen. Von der Europäischen Kommission gibt es zwischenzeitlich auch einen Verordnungsentwurf, der regelt, wie diese digitalen Nachweise EU-weit anerkannt werden können. Impfungen, negative Tests und COVID-19-Genesene sollen dabei gleichgestellt sein, um so die Reisefreizügigkeit zu erleichtern.

Zwar soll der digitale Impfnachweis grundsätzlich in der Arztpraxis oder dem Impfzentrum generiert werden, in dem der Patient die Impfung empfangen hat. Nachdem aber schon gut die Hälfte der Deutschen ihren „Schuss“ bekommen haben, bevor es den digitalen Impfpass gab, muss es auch die Möglichkeit geben, ihn nachträglich zu erstellen. Dies kann sowohl in Arztpraxen erfolgen, als auch in Apotheken. Technisch soll dies bei letzteren über das DAV-Portal „mein-apothekenportal.de“ erfolgen, auf dem schnellstmöglich ein hierfür geeignetes Modul entwickelt und interessierten Apotheken zur Verfügung gestellt werden soll. Details hierzu sollen seitens der Verbände kurzfristig folgen. Vergütet wird diese Dienstleistung der Apotheke gemäß § 9 Absatz 3 der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung – kurz: CoronaImpfV) mit mindestens 18 Euro pro Zertifikat.

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Anders als in Arztpraxen benötigt man in Apotheken keinen Termin, um mit Angehörigen eines Heilberufs zu sprechen. Auch die Prüfung ärztlicher Dokumente gehört, wie von Gottfried Ludewig zutreffend beobachtet, zum Arbeitsalltag in Apotheken. Ob Aufwand und Vergütung für die Apotheke in einem gesunden Verhältnis stehen, bleibt abzuwarten. Mit Sicherheit aber ist der Weg in die Apotheke vor Ort aus Patientensicht einfacher, als das Callcenter einer Versandapotheke zu bemühen.

Viele Vorteile, zu denen ein weiterer hinzukommt, der sich vermutlich nicht auf den ersten Blick erschließt. Zweck des digitalen Impfnachweises ist die Erleichterung der Reisefreizügigkeit – eines der zentralen Rechte innerhalb der EU. Während meine Generation noch mit Kontrollen an den innereuropäischen Grenzen aufgewachsen ist, kennen meine Kinder das gar nicht mehr. Einen digitalen Impfnachweis wird sich niemand „einfach so“ besorgen. Insbesondere in den kommenden Wochen ist davon auszugehen, dass Apotheken und Arztpraxen von Menschen förmlich überrannt werden, die einen Anspruch auf einen digitalen Impfnachweis haben. Die zu erwartenden Warteschlangen nimmt nur in Kauf, wer einen Anlass hat. Und dieser Anlass ist in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle der lange herbeigesehnte Sommerurlaub. Für Apotheken eine Riesenchance! Natürlich stellen Sie Ihren Kunden den digitalen Impfnachweis gerne aus. Und fragen dann charmant: „Wohin geht es denn bei Ihnen dieses Jahr?“ Je nach Antwort schließen sich daran weitere Fragen an, nach Sonnencreme, Mittel gegen Durchfall, ja bis hin zur Reiseimpfberatung kann man nun die komplette pharmazeutische Kompetenz ausspielen. Und nachdem viele unserer Mitmenschen letztes Jahr nur sehr reduziert Urlaub gemacht haben, ist davon auszugehen, dass nicht nur viele Mittel aus der Reiseapotheke sondern auch die meisten Sonnenschutzlotionen längst ihr Verfalldatum überschritten haben.

Bieten Sie Ihren Kunden daher alles an, was diese für einen unbeschwerten Urlaub benötigen. Auch damit kann sich die Apotheke vor Ort als Allround-Gesundheitsdienstleister positionieren. Wie sehr würden sich Ihre Kunden wohl ärgern, wenn Sie von Ihnen zwar den QR-Code für ihr Smartphone bekommen hätten, sie von Ihnen aber nicht auf gesundheitliche Risiken am Zielort hingewiesen worden wären und Sie ihnen noch nicht mal ein Mittelchen dagegen angeboten hätten. Der Anlass – ein Impfnachweis als QR-Code auf dem Handy – mag digital sein, die analoge und individuelle Beratung als Ergänzung macht die Apotheke erst wirklich unverzichtbar.

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Was es mit den QR-Codes auf sich hat, die nicht nur elementarer Bestandteil des digitalen Impfnachweises sein werden – dazu in den nächsten Wochen eine Vertiefung. Damit es keine Wissenslücken mehr gibt, wenn im Sommer das E-Rezept schrittweise eingeführt wird. Dort werden 2D-Barcodes nämlich ebenfalls eine wesentliche Rolle spielen …