Schlüssel für die Zukunft der Apotheke (2)

Das E-Rezept kommt. Und mit ihm ein weiterer Anwendungsfall für den Data Matrix Code.

In § 2 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) wird detailliert aufgelistet, welche Informationen ein Rezept, das vom Arzt ausgestellt wird, enthalten muss. Derzeit arbeiten viele, wenn nicht gar die meisten Ärzte digital: mit einem Praxisverwaltungssystem (PVS). In diesem PVS dokumentieren Sie die Behandlung, Diagnose, stichpunktartige Gesprächsinhalte und einiges mehr, das für die Abrechnung und weitere Therapie relevant sein könnte. Natürlich sind auch die Inhalte für ein Rezept (§ 2 AMVV) dort vorhanden: die Stammdaten von Arzt und Patient sind ohnehin im System hinterlegt, alleine das von der Apotheke abzugebende Arzneimittel muss noch individuell eingegeben werden. Meist wird dann im Empfangsbereich der Arztpraxis das Rezept auf Papier ausgedruckt und vom Arzt unterschrieben. In der Apotheke wird das Rezept dann ebenfalls in der Warenwirtschaft digital erfasst und weiterbearbeitet. Lediglich zwischen Arzt und Apotheke erfolgt ein Medienbruch: hier verlässt man sich auf den analogen und nicht immer zuverlässigen Transportweg eines Stücks Papier durch den Patienten. Noch. Bereits in zwei Wochen wird das E-Rezept auch in Deutschland schrittweise eingeführt werden und ab 01.01.2022 wird es sogar der Standard sein. Das sollte uns nicht überraschen, denn immerhin erwähnt der bereits erwähnte § 2 der AMVV in seinem Absatz 1 Nr. 10 schon seit geraumer Zeit ganz ausdrücklich die „Verschreibungen in elektronischer Form“ und 18 andere europäische Länder bedienen sich bei der Übermittlung von ärztlichen Verordnungen ebenfalls elektronischer Wege. Nichts anderes ist das E-Rezept nämlich.

Also wird es auch bei uns darum gehen, das digitale Rezept aus dem digitalen Arztsystem auch digital an den Patienten zu übermitteln – und nicht direkt an die Apotheke. Das wäre eine Umgehung des Makelverbots. Dieses wurde u.a. mit dem Patientendaten-Schutzgesetz sogar nochmal verschärft. Data Matrix Codes sind grundsätzlich hervorragend für das E-Rezept geeignet. Immerhin können Arzt und Apotheke damit dank des bundeseinheitlichen Medikationsplan ja ohnehin schon (zumindest in der Theorie) umgehen. Deswegen wird mit dem E-Rezept die ärztliche Verordnung auch nicht mehr analog auf einem Stück Papier dokumentiert, sondern digital durch Abspeichern der Inhalte gemäß § 2 AMVV auf einem Server der gematik. Zur Einlösung des Rezeptes in der Apotheke muss der Patient einen 2D-Barcode vorweisen, mit Hilfe dessen die Apotheke dann innerhalb der sicheren Telematikinfrastruktur die Verordnung vom E-Rezept-Speicher abrufen kann. Und das wiederum kann auf zweierlei Arten passieren. Entweder mithilfe einer App, die in der Lage ist, das E-Rezept vom gematik-Speicher abzurufen – dann ist der Rezeptprozess komplett digitalisiert. Oder aber, da es nach wie vor Menschen geben soll, die kein Smartphone haben und somit auch keine E-Rezept-App nutzen können, mit einem Ausdruck des E-Rezeptes auf Papier, der dann wie folgt aussehen soll:

Apotheke E-Rezept Digitalisierung eRezept gematik Verordnung Arzneimittel
(c) gematik, 2021

Wer den letzten Beitrag aufmerksam gelesen hat, erkennt, dass es sich bei den 2D-Codes oben rechts und den dreien, die zu den veordneten Arzneimitteln im unteren Bereich der Verordnung gehören, tatsächlich um Data Matrix Codes handelt. Auch beim komplett digitalen E-Rezept wird mit Data Matrix gearbeitet werden. Allerdings haben wir im letzten Beitrag auch festgestellt, dass dadurch dem Patienten die Decodierung seines E-Rezeptes schwer möglich sein dürfte, da die Bordmittel der meisten Smartphones Data-Matrix-Codes nicht auflösen können. Dafür wäre eine andere Codierung benötigt, die es aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen für sensible Gesundheitsdaten hier aber offensichtlich ganz bewusst nicht gibt. Aber wer ganz genau hinsieht, entdeckt im unteren rechten Eck des „E-Rezeptes auf Papier“ einen bis dato unbekannten, neuen 2D-Code: dieser als QR (kurz für „Quick Response“) bezeichnete Code verweist im vorliegenden auf die App zum E-Rezept der gematik. Scannt man einen QR-Code mit einem beliebigen Smartphone, dann passiert automatisch etwas: ein Kontakt wird angelegt, eine Webseite geöffnet oder sogar eine App heruntergeladen. Der Code sorgt also für eine schnelle Antwort – die Quick Response.

Wie funktioniert der QR-Code?

Der QR-Code besteht aus einer quadratischen Matrix, die mit kleinen schwarzen und weißen Quadraten gefüllt ist. Durch sie werden, genau wie bei der Data Matrix, die kodierten Daten binär dargestellt. Auffällig beim QR-Code ist die spezielle Markierung in drei der vier Ecken des Quadrats. Diese drei Kästchen dienen der Orientierung, da sich das Lesegerät oder die Kamera anhand des fehlenden Musters in der vierten Ecke ausrichten kann und somit weiß, wo oben und unten ist. Der QR-Code gilt als besonders benutzerfreundlich, weil er nicht erkennbare Daten durch einen fehlerkorrigierenden Code ergänzt. Hierdurch kann der Verlust von bis zu 30 % der Daten, zum Beispiel bei schlechtem Druckbild, ausgeglichen und der Code auch dann noch entschlüsselt werden. Aufgrund der hohen Fehlertoleranz ist der QR-Code beim Endverbraucher-Marketing das Mittel der Wahl. So können Markenlogos oder Bild- und Farbveränderungen spielerisch in den Code integriert werden. Dadurch wird zwar – technisch gesehen – der Datenteil des Codes gestört. Aufgrund der Redundanz gehen aber insgesamt dennoch keine Informationen verloren.

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Brandaktuelles Beispiel für einen QR-Code: der digitale Impfnachweis

Data-Matrix- vs. QR-Codes

Aber zurück zur allgemeinen Symbologie. Nachdem wir die Funktionsweisen und Hauptanwendungsfälle der wichtigsten maschinenlesbaren Codes im Apothekenumfeld betrachtet haben, gehen wir nun abschließend noch auf die Unterschiede zwischen den beiden 2D-Codearten ein.

Zuvor werfen wir aber noch einen Blick auf ihre Gemeinsamkeiten: wie alle Barcodes benötigen sowohl Data-Matrix- als auch QR-Codes eine „Ruhezone“ (Quiet Zone), bei der es sich um den leeren weißen Rand um den eigentlichen Code handelt. Dies wird benötigt, damit das Lesegerät erkennen kann, wo der Code endet und es ihn so von anderen Informationen trennen kann. Beide Code-Arten verfügen über dezidierte Daten- und Erkennungs- bzw. Orientierungsbereiche, die beim Auffinden und Entschlüsseln helfen sollen. Und je mehr Daten in der einen oder der anderen Variante codiert werden sollen, umso mehr Module müssen hinzugefügt werden.

Womit wir bei den Unterschieden angekommen wären. Die kleinstmögliche Version eines QR-Codes besteht aus 21 × 21 Modulen. QR-Codes wachsen dann in Schritten von vier Modulen in jede Richtung bis zu maximal 177 × 177 Modulen. Data-Matrix-Codes umfassen hingegen mindestens 10 × 10 Module und wachsen dann in Schritten von je zwei Modulen pro Richtung bis hin zu höchstens 144 × 144 Modulen. Das wirkt sich direkt auf die Dichte der Informationen aus, die in der jeweiligen Code-Art verschlüsselt werden können. In einen QR-Code lassen sich maximal 4.296 alphanumerische Zeichen speichern, während für Data-Matrix-Codes bei „lediglich“ 2.335 Zeichen Schluss ist. Dieser Beitrag also hätte in seiner gesamten Länge weder im einen noch im anderen Platz.

Apotheke Digitalisierung QR Code Data Matrix 1D 2D Schlüssel Zukunft Symbol

Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht darin, dass bei Data-Matrix-Codes nur der Umriss zur Erkennung verwendet wird, während QR-Codes noch weitere Erkennungsbereiche innerhalb des Datenbereichs aufweisen. Dadurch bieten Data-Matrix-Codes mehr Raum zum Codieren von Daten, weswegen sie in der Regel kompakter sein können als QR-Codes.

Der letzte große Unterschied zwischen diesen beiden 2D-Codes besteht in den Werten für die Fehlerkorrektur (EC – Error Correction). Beide Codetypen haben die Möglichkeit, Daten wiederherzustellen, wenn der Code verschmutzt oder beschädigt ist. QR-Codes haben je nach Anwendung die folgenden vier EC-Stufen:

  • Stufe L (niedrig) 7% der Codewörter können wiederhergestellt werden, bei
  • Stufe M (mittel) sind es dann 15%, bei
  • Stufe Q (Quartil) 25% und bei
  • Stufe H (hoch) 30%

Im industriellen Umfeld kann beispielsweise eine höhere Fehlerkorrekturstufe sinnvoll sein, weil hier der Code mit größerer Wahrscheinlichkeit verschmutzt wird. Je höher ein EC-Level, desto besser können Fehler korrigiert werden – aber umso größer ist dann auch der QR-Code.

In sämtlichen Data-Matrix-Codes liegt die Fehlerkorrektur dagegen bei 33%, also etwas höher als bei den QR-Codes. Deswegen wird häufig behauptet, dass Datamatrix-Codes sicherer und zuverlässiger sind. Da sie in ihrer Maximalgröße jedoch weniger alphanumerische Zeichen enthalten können als QR-Codes, ist dies nur bedingt zutreffend.

Wann verwendet man nun welchen 2D-Code?

Data-Matrix ist somit der 2D-Code der Wahl, wenn

  • die Druckbereiche eng sind und die codierte Nachricht kurz genug ist, um in die kleinsten Datamatrix-Versionen (10 × 10 bis 20 × 20 Module) zu passen.
  • die Verwendung eines Datamatrix-Codes vorgeschrieben ist. Oder
  • Zuverlässigkeit unerlässlich ist.

Briefmarken der Deutschen Post zum Selbstausdrucken sind ein Beispiel hierfür.

QR-Codes werden hingegen bevorzugt verwendet, wenn

  • Der Druckbereich eng ist, aber die codierte Nachricht nur in eine Data-Matrix mit 22 × 22 Modulen oder mehr passen würde. Verwendet man hierfür einen QR-Code mit niedriger oder mittlerer Fehlerkorrektur, gewinnst man Platz.
  • Aussehen wichtig ist; Sie möchten ein Marken- oder Designelement in den Code einbauen? Kein Problem für QR-Codes, sie sehen damit sogar meist attraktiver aus!
  • Der Code für Marketing- oder Endverbraucherzwecke benötigt wird – deutlich mehr Mobiltelefone können QR-Codes lesen.

Einige Gedanken und Ideen, was man im Apothekenkontext mit QR-Codes alles machen kann, habe ich letzten Sommer in einem Video auf YouTube zusammengefasst.

Codes und Symbole als Wegbegleiter in die Apotheke der Zukunft

Die bis hierher beschriebenen Symbole, die 1D- und 2D-Codes, erleichtern – nicht nur in der Apotheke – weltweit vielen Menschen die tägliche Arbeit, indem sie Verwaltungsaufgaben wie das Erfassen von Artikelnummern und den dazu gehörigen statistischen Werten automatisieren. Diese Eigenschaften machen sie geradezu typisch für die Digitalisierung. Denn durchgesetzt gegenüber Vorgängertechnologien haben sich stets diejenigen Methoden, deren Einsatz sowohl einen Nutzen für den Anwender gebracht und gleichzeitig die betreffenden Prozesse effizienter gestaltet haben.

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Es bleibt zu hoffen, dass die digitalen Innovationen die Apotheker zunehmend von ihren umfassenden Dokumentations- und Verwaltungspflichten befreien. Wenn die dadurch gewonnene Zeit verstärkt in Gespräche mit den Kunden, Fortbildungen der Teams und die Vernetzung der Apothekerschaft untereinander investiert wird, dann wird der Apothekerberuf künftig an Attraktivität gewinnen. Und es gibt Anlass zur Hoffnung, dass die ein- und zweidimensionalen Codes wichtige Schlüssel sind, die zukünftige Generationen von Pharmazeuten als Symbol für die Rückkehr des Apothekenberufs zu seinen heilberuflichen Wurzeln ansehen werden.